Wartungsarbeiten: Unsere Rettungsinsel stammt aus Ende 2018. Sie war also überfällig. In Mexiko und Panama hatten wir uns nicht so wirklich nach einer Prüfwerkstatt umgeschaut. Hier auf St. Martin aber gibt es eine, so ziemlich die einzige in der Karibik. Eine erste Anfrage erbrachte die Auskunft, dass man Wochen vorher einen Termin vereinbaren müsse, zur Zeit ist hier Hochsaison. Die Mailantwort kam kurz vor Mitternacht. Die Eigentümerin der Werkstatt hat wohl nur dann überhaupt Zeit, ihre Mails zu beantworten. Nachdem wir unsere Situation erklärt hatten, dass es als Fahrtensegler nicht so einfach ist, langfristige Termine zu machen, bekamen wir eine nette Antwort und das Versprechen, uns irgendwo zwischenzuschieben. Als das Wetter etwas ruhiger wurde, machten wir uns daran, die Rettungsinsel in das Dinghy zu hüsern und am Dinghydock wieder aus dem Boot zu stämmen. Mit dem Taxi ging es zur Werkstatt.
Bei der Wartung war alles soweit in Ordnung, nur die Insel saß voller Ameisen. Für eine solche Wartung wird eine Rettungsinsel aufgeblasen in einer klimatisierten Halle, die Nähte und Zubehörteile werden kontrolliert, das Ganze getrocknet und dann wieder zusammengefaltet. Wir bekamen Fotos. Jetzt wissen wir, wie das Teil aussieht und dass tatsächlich etwas in dem Kasten drin ist. 😉 Benötigt wird die Rettungsinsel bei einem Mehrrumpfboot, das nicht untergehen kann, eigentlich “nur” im Falle eines Brands an Bord, oder als Schutz vor dem Wetter im Falle einer Kenterung.
Ameisen: Diese Viecher schaffen es manchmal auf das Boot. Es soll über Eier in Pappverpackung passieren, oder wenn man an Land steht, krabbeln sie einfach hoch. Wir hatten eine zweifache Plage: größere, so 0,5 bis 0,8 cm lange fast durchsichtige Ameisen und kleine, die man kaum sehen kann. Die großen haben wir mittels eines Ameisengifts bekämpft. Das hatte ich während unseres Deutschlandaufenthalts überall verstreut. Danach gab es nur noch vereinzelte Ameisen. Ich entdeckte noch ein Nest im Schrank, doch zur Zeit sieht es so aus, als seien sie weg. Die kleinen hatten wir durch ein anderes Gift reduziert. Sie waren auch erstmal weniger geworden. Vielleicht wurden sie aber auch nur von den großen verdrängt, denn inzwischen sind sie zurück. Bekämpft werden sie von uns mit Backpulver. Die Nester zu finden, ist so gut wie unmöglich, es gibt einfach zu viele Ritzen und unzugängliche Ecken auf einem Boot.
Unsere Feuerlöscher waren auch überfällig. Das ging einfacher. Wir brachten sie morgens an den Dinghysteg, dort wurden sie abgeholt und mittags wieder zurückgebracht. Zwei Dinghyfahrten an einem Tag! Ein ganzes Tageswerk 😉
Zuversichtlich sahen wir schon unserem Abfahrtstermin entgegen. Dann nahte Freitag, der 13. Nun habe ich durch jahrelanges Beobachten festgestellt, dass Freitag, der 13., kein Unglückstag ist. Dafür ging mir aber ganz häufig so Einiges schief am Donnerstag, den 12. 🙂
An diesem Donnerstag kam der Volvoservice. Mit dem Motor ist alles paletti. ABER: Es kommt Wasser in unseren Saildrive! (Das ist das Stück, an dem die Schraube befestigt ist, da ist eine Dichtung.) Bedeutet: Wir müssen aus dem Wasser! Zwar nur für die Zeitspanne der Reparatur, aber es geht wieder los: Gibt es einen Kran der breit genug ist, oder eine andere Möglichkeit? Zum Glück ist St. Martin auf alle möglichen Schiffe eingestellt. Es gibt auch einen Travellift, der uns heben kann. Musste nur noch ein Termin her.
E-Mail Kontakte brachten nur mäßigen Erfolg. Nur eine Werft antwortete überhaupt. Also wurden wir persönlich vorstellig. Zum Glück können die Leute hier alle recht gut Englisch, das machte die Kommunikation für uns einfacher. Erst ging es zum Volvohändler. Dessen Techniker sollte die ganze Woche an einem anderen Motor werkeln. Da wir aber noch nicht fertig abgearbeitete Kunden waren, würde er diese Arbeit für uns unterbrechen, wenn wir einen Krantermin bekommen. Also, ab ins Dinghy und rüber in den Niederländischen Teil. Dort liefen wir über das Werftgelände und suchten das Office. Ein Securitymann war nicht so begeistert, wies uns aber auf den richtigen Weg. Die Dame im Office schickte uns wieder raus, um den Site Manager zu suchen. Ein großer Blonder mit Pferdeschwanz. Der war sehr locker drauf und meinte, Freitag sei es ruhiger, da konnten wir kommen und eine Weile im Travellift hängen. Freudig sagten wir zu und fuhren wieder zum Volvohändler zurück, um auch dort den Termin festzuzurren. Zuversichtlich, dass nun alles gut wird, begannen wir mit Hamsterkäufen im Supermarkt. Die Strecke ist nicht weit zu laufen, die Bürgersteige sind aber uneben und auf weiten Strecken zugeparkt. Hat man einen vollgepackten Rucksack auf dem Rücken und noch zwei schwere Taschen in den Händen, wird die Strecke gefühlt immer länger. Doch tapfer kämpften wir uns durch mit diversen Erholungsstopps.
Um am Freitag an den Kran zu kommen, mussten wir in die Lagune fahren. Klingt nicht so schlimm, bringt aber Komplikationen mit sich. Es gibt 2 Zufahrten mit jeweils Brücken. Die eine Zufahrt ist nicht breit genug für uns, nur 10 m, da bleibt links und rechts nicht genug übrig. Also um die Ecke zur anderen Brücke fahren. Öffnungszeiten hatten wir bekommen. Was aber ist mit der Tatsache, dass sich die Brücke und die Werft im Niederländischen Teil der Insel befinden? Lieber intensiv nachfragen. Zu Fuß, mit dem Auto und mit dem Dinghy darf man sich auf beiden Teilen der Insel frei bewegen. Bewegt man aber sein Boot, sieht es mal wieder anders aus. Wir mussten ausklarieren und um die Ecke wieder einklarieren. Deshalb machten wir uns am Donnerstag auf den Weg zur Simpson Bay. Man könnte ja meinen, ist doch alles EU. Aber, weit gefehlt. Der Niederländische Teil hat sich 2010 unabhängig gemacht, ist auch kein EU-Land mehr, hat nur noch den Niederländischen König beibehalten. Und mit dem Übergang zu den Karibikstaaten haben sie wohl auch die hiesige Bürokratie übernommen. Einklarieren: 4 Damen sind zuständig, 2 essen gerade, eine schaut auf ihr Handy, eine gibt uns 2 Formulare zum Ausfüllen. Auf beiden muss man dieselben Daten eintragen unter anderem auch, wie lange man bleiben möchte. Wir reichen die Formulare ein, werden nochmal gefragt, wie lange wir bleiben: Nur einen Tag, bis morgen für einen Kranaufenthalt. Stempel, Zettel zurück, zweites Fenster zum Bezahlen. Bezahlt wird der Aufenthalt in der Bucht und die Brückendurchfahrt. Bitte wieder zurück zum ersten Fenster für einen weiteren Stempel. Dort nimmt die Handydame unsere Zettel entgegen. Sie zieht die Stirn in Falten und meint, es wäre ja wohl einfacher gewesen, wenn wir gleich gesagt hätten, dass wir nur einen Tag bleiben würden. Das ist zuviel für Mathias. Sonst bleibt er ja ruhig bei solchen Gelegenheiten, aber diesmal kann er sich nicht verkneifen zu bemerken, dass wir erstens gesagt hatten, wir wollten nur für einen Tag an den Kran und dass zweitens die Mitarbeiterin ja auch ihre eigens angeforderten ZWEI Dokumente hätte lesen können, auf denen auf beiden der nächste Tag als Abreisedatum eingetragen war. Die Handydame verbat sich Kritik an den Grenzbeamten. Ich zog Mathias schnell weg vom Tresen. Die Zettel blieben dort und wir brauchten am nächsten Tag nicht noch einmal vorstellig zu werden. Man fragt sich, wozu das Ganze? Papier zum Abheften produzieren? Werden so wirklich Schmuggler gefasst? Na ja, wir hatten unsere Gebühren bezahlt und konnten am nächsten Morgen um 9:30 Uhr, wenn die Brücke für den einfahrenden Verkehr öffnet, hinein in die Lagune.
Nach der Einfahrt in die Lagune wunderten wir uns: Da hängt doch was am Travellift? Auf Nachfrage wird uns versichert, das Boot kommt gleich ins Wasser. Wir tänzeln auf der Stelle — es tut sich nichts. Schließlich kommt ein edles schnelles Dinghy angebraust und setzt erst jetzt den Skipper der privaten Sportfischeryacht ab. Der wollte unbedingt noch heute morgens ins Wasser, hatte aber die Autofahrt zum Boot nicht einkalkuliert. Übers Wasser durch die Lagune ging es dann schneller. Am Ende hatten wir auch noch Zeit, denn die Volvohandwerker waren noch nicht da.
Einparken in die Kranbucht erforderte Fingerspitzengefühl, denn auf der Wartestellung vor der Brückendurchfahrt war unser Bugstrahlruder ausgefallen. Da tut sich die nächste Baustelle auf.
Unsere frisch geprüfte Rettungsinsel wurde angeliefert zusammen mit dem Innenleben, das erneuert werden muss bei einer Wartung. Hat uns mal interessiert, was da so drin ist. Bei uns reichlich, weil die Insel für 10 Personen ausgelegt sein muss. Jede Menge Wasserbeutel, Signalraketen und Rauchfackeln, auch Trockennahrung für 3 Tage und 10 Personen. Es steht drauf, dass man davon nicht mehr als 3 täglich essen soll. Klingt wie Lembasbrot aus dem Herrn der Ringe 😉
Das Spülen und Reparieren des Saildrives dauerte ein paar Stunden.
Dann warteten wir in der Kranbucht darauf, dass die Brücke um 16 Uhr wieder für den auslaufenden Verkehr aufging. Die Durchfahrt ist zu schmal für Verkehr in beide Richtungen und auch die Wartefläche vor und hinter der Brücke würde für Verkehr in beide Richtungen nicht reichen. Deshalb gibt es unterschiedliche Öffnungszeiten je Richtung. Nachmittags kommt man nur um 16 Uhr wieder raus, gut also, dass das geklappt hatte.
Wir fuhren zurück zur Marigotbay, wo wir wieder ein- und gleich auch für 2 Tage später ausklarierten. Für den nächsten Hafen braucht man ein Dokument vom letzten Hafen. Eigentlich wollten wir nur noch weitere Hamsterkäufe machen und tanken, aber bei mir meldete sich wieder das Zahnfleisch und ein überkronter Zahn, der wackelte. Also ging ich doch noch zum Zahnart. Der konnte zwar nicht viel machen, aber zumindest Medizin verschreiben.
Mathias nutzte die Zeit und erledigte alleine ein paar Tripps zum Supermarkt. Da hatten wir so Einiges zu verstauen:
Am darauffolgenden Tag sollte es losgehen zu den Bahamas.
Dieser Beitrag hat 6 Kommentare
Dann wünsche ich euch eine gute Fahrt zu den bahamas. Alle nötigen Vorsorgen getroffen und die Vorratskammer aufgefüllt. Nun kann nichts schief gehen.
Freue mich auf die Bahamas!!!
Hallo Birte @ Mathias,
dieser Euer Bericht erinnerte mich bzgl. Ameisen anläßlich einer 6-monatigen Outback-Tour in West-Australien an deren Okkupation meines Toyota Landcruiser. Die Ameisen waren überall … Motorraum, Armaturenbrett, Fahrgastraum, Gepäckraum, … Ein jahrelang erfahrener Deutsch-Australier empfahl mir, das gesamte Auto – eingedampft mit einem garantiert wirkenden Ameisengift – drei Tage verschlossen stehen zu lassen.
Da ich bemerkte, dass die Ameisen zwar überall waren, jedoch mich selbst komplett in Ruhe ließen / sie vermieden sordfältig, an mir herumzuklettern, schloss ich daraus, dass sie mit mir KOEXISTIEREN wollten. So akzeptierten wir uns gegenseitig und … eines Tages … auf einem Campground x verließ mich die ganze Meute komplett über Nacht – übrigens ohne mich zu fragen.
Koexistenz mit Ameisen an Bord Eures Tri ist jedoch keine denkbare Alternative – richtig?
Sodann scheint mir die geschilderte Erfahrung des Wackelns eines überkronten Zahnes empfehlenswert zu machen, vor einer solchen Reise, wie Ihr sie unternehmt, sich (außer Entfernung des Blinddarms) am Besten alle Zähne ziehen zu lassen und sich ein ausfallsicheres, solide auf Haftcreme basierendes Gebiss anpassen zuu lassen …😎 Oder doch nicht ??
So long@short
Yours – Helmut
Hallo Helmut,
genau, Koexistenz mit den Ameisen ist keine Option. Aber wir können auch nicht mit eine Giftkeule so einfach drauf hauen, weil wir hier ja auch leben wollen in der gleichen Zeit. Die Methoden, dass die Ameisen was essen und dann in den Bau zurück tragen scheinen bei diesen kleinen Ameisen nicht zu funktioniert.
Alle Zähne raus – das hat man früher manchmal gemacht, erscheint mir jedoch sehr archaisch.
LG, Mathias
Was ist denn ein “Bugstrahlruder”?
Das ist ein elektrisch betriebener Propeller, welcher vorne unter dem Bug quer zur Fahrrichtung eingebaut ist. Dieser kann in beide Richtungen laufen und kann das Boot damit nach links und nach rechts drücken. Das hilft beim Einparken in der Marina… 🙂
LG, Mathias
Danke. So etwas vermutete ich. Kann aber auf dem Photo mit der San aus dem Wasser beim besten Willen nichts entdecken. Am Bug sehe ich (nach Vergrôszerung) nur zwei kleine Kerben. Naja, ist ja auch schwarz auf schwarz.