Der Törn nach Costa Rica war etwas verrückt. Wir brauchten 4 ganze Tage, aber es war mehr Motorsegeln als normales Segeln. Der Wind ging an und aus. Wie schon vor Anker gab es meist am Nachmittag etwas Wind, dann flaute es zur Nacht hin ab. Hinzu kam nun noch, dass es in der Nacht oft Gewitter gab. Diesmal wurden sie von uns rechtzeitig auf dem Radarschirm entdeckt und wir schafften es, den Regengebieten auszuweichen.
Die letzte Strecke kam der Wind direkt aus der Richtung, in die wir fahren mussten. Erst kurz vor der Papagayo Bucht konnten wir noch so 5 Stunden lang segeln, bis in der Bucht wieder kein Wind war und die letzte Strecke zum Ankerplatz erneut der Motor herhalten musste. Die Gegend hier ist tatsächlich kein Seglerparadies.
Dafür sind die Leute recht locker drauf. Als wir wohl mit zu ernsten Gesichtern an Land gingen, sprach uns eine Frau an, wir sollten doch lächeln, wir seien hier im Paradies in Costa Rica – Pura Vida. Daraufhin lächelten wir schon, das mit dem Paradies nahmen wir ihr aber nicht so einfach ab. Die Leute, die am Strand selbstgeknüpfte Armbänder oder Hängematten verkauften, fühlten sich sicherlich nicht wie im Paradies und die kaputten Kantsteine und Straßen gehören auch nicht in ein Paradies – o.k. da sollte es gar keine Straßen geben. Vielleicht ist das paradiesische ja, über all diese Kleinigkeiten gut gelaunt hinwegsehen zu können. Unsere langen Gesichter hatten nichts mit dem Land zu tun, es ist nach wie vor das Klima, das nicht unser Ding ist.
Einklarieren nach Costa Rica funktioniert seit kurzem wieder ohne größere Schwierigkeiten. Man braucht nur viel Zeit und Geduld. Der Skipper kann alleine los. Mathias hatte sich mit dem Skipper der “Mare Presto” zusammengetan, mit denen wir schon im lockeren Verband von Chiapas hierher gefahren waren. Es kam noch ein weiterer Skipper dazu und sie liefen zu dritt die einzelnen Stationen ab. Erst zur Immigration (auf der rechten Seite der Hauptstraße, rund einen halben Kilometer vom Strand entfernt, etwas eingerücktes Gebäude, direkt bei der Bushaltestelle. Vorsicht, es ist leicht zu übersehen, wenn man auf der anderen Straßenseite läuft und ein Bus davor steht.), dann zum Hafenmeister (kleines Gebäude auf einer Verkehrsinsel, direkt hinter der Strandpromenade, Anfang der Hauptstraße). Dort bekommt man dann Papiere, mit denen es zum Zoll geht, danach muss man wieder zurückkommen zum Hafenmeister, wenn man gleich weiter fahren möchte. Sonst kann man sich seinen Zarpe (Dokument zur Weiterreise) auch an einem anderen Tag holen. Der Zoll ist am Flughafen. Dorthin fährt man entweder mit dem Bus, der vor dem Immigrationsgebäude abfährt, oder nimmt ein Taxi. Unsere drei nahmen ein Taxi für $60 (hin und zurück). Am Flughafen muss man vom Eingang in die linke Ecke gehen, dorthin kommen die Zollbeamten raus, holen die Unterlagen und bringen sie irgendwann wieder. Dauern tut der Prozess von morgens 9 Uhr bis nachmittags um 15 Uhr, da muss alles fertig sein, weil das Hafenmeisterbüro schließt. Am Wochenende geht es nicht, die Hafenmeisterei ist nur in der Woche besetzt. Außer den Taxikosten sind keine Gebühren fällig gewesen. Die mussten wir beim letzten Mal noch in einer Bank im Ort bezahlen (auch an der Hauptstraße). Ob sie gerade keine Gebühren erheben können, weil das System gehackt wurde, oder beim Einklarieren keine fällig werden, weiß ich nicht, jedenfalls kann man die 3-500$, die ein Agent kosten soll, getrost sparen und selbst tätig werden.
Während Mathias mit den Grenzformalitäten beschäftigt war, war ich schon mal auf der Suche nach einer Telefonkarte. Unsere vom letzten Jahr war abgelaufen. Das tun sie nach 3 Monaten Nicht-Benutzung. Ich wollte wieder Kölbi, da ist die Funkabdeckung in Costa Rica besser als bei Movistar. Besonders in der Drake Bay hat Movistar keine Netzabdeckung Kölbi aber schon. Die Supermärkte boten diese Karte nicht an. Vom Internet hatte ich den Tipp, es gäbe Kölbi-Karten bei einem “Luperon” Supermarkt. Ich folgte der Wegbeschreibung von Google Maps, da war zwar ein Luperon, aber Fehlanzeige. Fündig wurde ich dann an der Hauptstraße. Dort gibt es eine “Plaza Luperon” und einen Megasuper Store und an der Ecke einen Computer- Telefonladen. Dort bekam ich meine Kölbi-Karte, die Leute sprachen gut Englisch und richteten die Karte gleich für uns ein. Dazu braucht man seinen Pass (wir haben zwei, also ging es, obwohl Mathias noch unterwegs war). Zu unserem großen Bedauern gab es nicht mehr das unbegrenzte Datenvolumen für 7 Tage. Jetzt musste man GB Pakete kaufen, ähnlich wie in Mexiko. Der Telefonkartenladen ist übrigens genau gegenüber vom sehr guten Supermarkt.
Wo wir gerade beim Thema Einkaufstipps sind: auf halber Höhe zwischen Telefonladen und Strand geht rechts bei einem Supermarkt eine Straße ab. Geht man die ein Stück runter und um eine Kurve herum, kommt auf der rechten Seite eine Art Marinezubehör- und Anglerbedarfsladen (Distribuidora el Jobo, im ersten Stock) und kurz vorher auf der linken Seite ist ein Gemüseladen. Der Marinezubehörladen sieht unscheinbar aus, ist aber gut sortiert. Der Gemüseladen lohnt sich auch, das war ein Tipp eines Einheimischen. Wir hatten bei einer Fahrt zum Strand zwei Leute von einem Panga mitgenommen. Sie hatten ihre Gäste am Stand abgesetzt und das Boot für die Nacht an die Boje gefahren. Dann muss jemand kommen und sie abholen, oder sie müssen schwimmen. Sie waren happy, dass wir die Mitfahrt angeboten hatten.
“Shoppen” kann man in Playas del Coco, besonders wenn der Skipper anderweitig beschäftigt ist. Eine neue “Gardine” und ein schönes Holzbrett gab es. (Beim Ausklarieren aus dem Hafen später noch ein Kleidchen 😉 )
In Playas del Coco verbrachten wir drei Tage. Am letzten Abend trafen wir uns noch einmal mit Gunter Winter, dem Trans Ocean Vertreter in Costa Rica, der uns beim letzten Mal so viel geholfen hatte. Er bastelt noch an der Renovierung seines Bootes an Land, macht dabei viel selbst und hat gute Ideen. Es war ein netter Abend.
Vor der Weiterfahrt fuhren wir zum Tanken in die Marina Papagayo. Man darf dort nur hin, wenn man in Costa Rica einklariert ist (noch oder schon). Da wir schon rd. eine Woche da waren, konnte ich die Frage bejahen, irgendwelche Papiere zur Kontrolle mussten wir allerdings nicht vorlegen. Anlegen an der Tankstelle war kein Problem, das Ablegen bei Wind, der uns gegen den Steg drückte, zwang uns zu einem besonderen Manöver. Ohne den Turbo kann der Motor nicht viel Vorschub generieren, Mathias ließ also eine Leine spannen von einer unserer Heckklampen, um die er sich dann langsam drehte. Da es Hilfe am Steg gab, klappte das Manöver.
Am 7. Mai soll Weltfischbrötchentag gewesen sein. Zumindest an der Ostseeküste 😉 . Wir feiern mit, mit einem Imitat mit Hamburger Buns.
Von Playas del Coco ging es mit 2 Stopps weiter Richtung Drake Bay. Beim ersten Stopp in der Bahia Tamarindo versagte beim Ankern der Motor: Das Ende der Dinghy-Seitenleine war ins Wasser gerutscht und hatte sich um den Schraubenschaft gewickelt. Abends im Dunkeln hatten wir keine Lust zum Tauchen. Mathias jagte mich am nächsten Morgen um 6 Uhr vor meinem Heißgetränk ins Wasser, weil etwas Wind aufkommen sollte. Zum Glück konnte man die Leine leicht wieder abwickeln. Ich musste nur ein paarmal runtertauchen.
Ein etwas längerer Stopp erfolgte in Bahia Herradura. Wir brauchten wieder gutes Internet für Mathias zweiten Vortrag über Anker Apps beim DSV. In der Bucht waren wir auch an Land, um uns die Beine zu vertreten. Sieht recht idyllisch aus.
Das Segeln bis zur Drake Bay war wieder sehr gemischt: motorsegeln, streckenweise Wind, Regenfronten umfahren. Kein richtiges Zischen möglich, bis auf eine kurze Strecke entlang der Außenkante einer Regenfront, bei der wir mal auf 7,8 Knoten Bootsgeschwindigkeit kamen. Allerdings hatte ich nicht viel davon, es war nachts während meiner Schlafenszeit.
Beim Ankern in der Drake Bay fühlten wir uns schon wie zuhause angekommen, als es plötzlich ein neues Problem gab. Nach ca. 1,5m Ankerkette herablassen, zeigte die Fernbedienung “no sensor” als Fehlermeldung an und die Kette bewegte sich nicht mehr. Hm, vor einem Sensorausfall hatte die Carry On uns schon gewarnt. Hm, vom zweiten Schalter am Steuerstand ließ sich die Kette auch nicht mehr bedienen. Handkurbel? Die haben wir zwar schnell gefunden, aber da tat sich bei der Winsch gar nichts. Umgangen sind wir das Problem letztendlich, indem wir den Stecker der Fernbedienung rauszogen und wieder einsteckten. Nach jedem Reset konnte man wieder 1,5m Kette herablassen, bis die Fehlermeldung anschlug. Das wiederholten wir dann so 36 mal. Eine neue Baustelle!
Die Carry On war zwei Tage, bevor wir ankamen, aus Playas del Coco abgefahren. Sie waren noch eine zeitlang in Golfito, verlassen aber wohl nun Costa Rica. Schade, es hat nicht geklappt, sie wieder einzuholen.
Hier in der Drake Bay ist zur Zeit nur ein weiteres Segelboot. Also kaum Ausreden, nicht am Unterwasserschiff zu putzen oder lästige Reparaturen wie die Gummidichtungen bei den Toiletten anzugehen. (Wurden mit Fahrradschlauchflicken geflickt.)
Eine Ablenkung war ein Telefonat mit Leuten, die darüber nachdenken, sich ebenfalls eine Neel zu kaufen. Immer mal wieder nett zu hören, dass es noch andere Verrückte so wie uns gibt, die sich ein Leben auf dem Boot vorstellen können.
Ausblick: Irgendwann (im August?) einen Besuch in Deutschland. Die Planungen beginnen, aber es ist nicht so einfach, wenn man es so gar nicht mehr gewohnt ist, nach dem Kalender zu leben 😉
Erstmal bleiben wir hier in der Drake Bay. Auch wenn jetzt die Regenzeit beginnt…..
Dieser Beitrag hat 8 Kommentare
Hi Birte @ Mathias,
“Immer mal wieder nett zu hören, dass es noch andere Verrückte so wie uns gibt, die sich ein Leben auf dem Boot vorstellen können …. ” Mehr nettes dazu ==>> Gehöre ebenfalls dazu … und das hatte bereits sehr konkrete Formen angenommen – bis hin zur Besichtigung des 63 Fuss Wharram-Katamarans “Spirit of Gaia”. Was dazu jedoch gehört, ist ein/e Gleichgesinnte/r – zumindest soweit nicht als Alleinunterhaltung angedacht. Bei mir war das nicht der Fall – meine Partnerin erklärte schließlich, sie sei dem Land verbunden, ich ein Ozeanier. Die Folge ==>> die Mastspitzen des Cat verschwanden am Horizont … ein einschneidender Vorgang.
Nichtsdestoweniger ist Costa Rica ein lohnenswertes Ziel … bei relativer Armut der Bevölkerung und der von Euch berichteten Infrstruktur “… und die kaputten Kantsteine und Straßen gehören auch nicht in ein Paradies … Costa Rica soll über kein nennenswertes Militär verfügen un eines der friedlichsten mittelamerikanischen Länder sein. Besonders der natürliche Reichtum dieses wunderschönen Fleckens Erde mit seinen Nebelwäldern, einsamen, palmengesäumten Stränden, Vulkanen und einer exotischen Tierwelt dürfte in dieser Konzentration kaum anderenorts auf unserem Planeten zu finden sein.
Die Frage ist, wie es zu schaffen, das Boot sicher irgendwo liegen zu haben und Euch selbst eine Zeitlang im Land zu bewegen?
Es immer wieder mit – zum ungeeigneten Moment auftauchenden- technischen Problemen zu tun zu haben …. ce la vie sagte schon der technisch hochgerüstete Japaner … und nicht erst seit “no sensor” bzgl. der Ankerkettenwinsch …
Gut, wenn man – wie Du Mathias – handwerklich / technisch keine linken Hände hat.
“Abends im Dunkeln hatten wir keine Lust zum Tauchen … ” => davon könnte ich Euch komplett entlasten…. wie bekannt … allerdings nicht üner TeamViewer o.ä. ….
Ich weiß, die Wahrscheinlichkeit für Vanuatu ist momentan niedrig …. Falls Eure Entscheidungsfindung sich bzgl. längerfristig generellem Kurs doch eher SW orientiert, schaue ich Höhe Galapagos bei Euch vorbei … einverstanden?
So long@short
Yours – Helmut
Hallo Helmut – bitte nichts gegen linke Hände sagen… ich bin Linkshänder… zumindest mit einem leichten Drall in die Richtung. 🙂
CR ist wirklich wunderschön. Es scheint bei Deutschen auch sehr beliebt zu sein, denn auf der Straße hört man häufig Deutsch. OK, es wird auch der/die eine oder andere Schweizer / Österreicher dabei sein. Wir machen im wesentlichen Tagesausflüge. Man muss ja nicht nur sein Boot sicher vor Anker wissen, sondern auch das Dinghy am Strand muss sicher sein, und ich weiss nicht, wie lange sich ein herrenloses Dinghy über mehrere Tage am Stand macht. Auch wenn wir es immer an einem Baum anschliessen.
Wir sind momentan viel mit dem Elektromotor am Dinghy unterwegs. Das ist zwar langsam, was auch in der Brandung von Nachteil ist, weil man dann mehr Wellen ausgesetzt ist als mit einem stärkeren Motor, aber der große Vorteil ist, wir könnten umkippen, ohne dass es dem Motor was ausmacht. Das ist sehr beruhigend. Wir haben unsere letzte Dinghy Kenterung in CR noch gut in Erinnerung. Mit all dem Saubermachen des Benziners…
LG, Mathias
Hatte mich schon auf den ersten Bericht aus Französisch Polynesien gefreute…..aber dieser Bericht war auch super – und schlechte Laune ist auch mal erlaubt!
Lg. Bis zum nächsten Bericht, noch vor der Deutschlandreise. Bleibt gesund!
Micheline
Hi Micheline, die Pläne ändern sich halt im Laufe der Zeit. Wir sehen es mehr als “der Weg ist das Ziel”. Solange es nicht der Nord-Ostsee Kanal ist… 😉
VLG, Mathias
Hi Ihr Beiden !
machte mir Sorgen um Euch, mindestens Gedanken
==>>> Hoffe,dass “Agatha” weit genug nördlich auf Land stieß – den Infos zufolge war Mexiko betroffen.
Gab es Ausläufer / größere Windstärken / Swell an Eurem Liegeplatz?
Man ist mehr als nur ein bischen interessiert daran, nicht gerade von einem Hurrikan überrascht zu werden – … So gesehen bezieht Ihr Hurrikan-Saisons sicherlich in die “overall”-Reiseplanung ein – korrekt?
Yours – Helmut
Hallo Helmut,
Keine Sorge, wir sind vor dem Start der Hurrikan Saison – 15. Mai – schon recht weit in den Süden gesegelt, sodass die uns nicht mehr erwischen konnten. Ihr Entstehungsort ist nicht südlicher als Nord CR, und da sind wir vor einigen Wochen abgehauen. Wir haben vor 2 Tagen CR wieder verlassen und befinden uns nun im Norden von Panama. Birte schreibt fleissig an dem neuen Blog… 😉
Aber ich denke, die Regenausläufer scheinen uns noch zu erwischen. Starker Dauerregen seit 2 Tagen schon…
Cheers, Mathias
Hallo,
Als ich den Text las, dachte ich mir: Mann, ist das stressig, immer auf Achse zu sein. Erst am Schluss, als klarwurde, dass Ihr Euch in Drake Bay, zumindest vorläufig, häuslich einrichtet, entspannte ich mich wieder. Zu tun gibt es ja immer genug, und an Kontakt, wenn gewünscht, wird es Euch dort ja nicht fehlen. Und mehr kann man doch eigentlich auch nicht haben.
Grüsze Reinhold
Moin Reinhold,
Naja, so viel sind wir nicht unterwegs, das passt schon. Aber wir mussten aus Drake Bay weg, weil die Hurrikan Saison angefangen hatte und auch die Gewitter immer weiter zunehmen. Aus dem Golf dort raus wurden wir wieder von Gewittern gejagt… Birte’s neuer Blog wird darüber berichten…
Cheers, Mathias