SAN

three hulls, two people, one trip around the world…

Weiter nordwärts

Hurrikan-Saison ist vorbei, es kann wieder gesegelt werden. Bzw. es könnte. Denn nun bricht eine Zeit mit wenig Wind an. Richtig gut voran kommt man nur mit den thermischen Winden, also morgens ganz früh, oder ab nachmittags und dann muss gekreuzt werden. Trotzdem fühlt es sich besser an, als so lange stationär zu sein. Wir haben uns also in kleinen Schritten weiter nach Norden auf den Weg gemacht. Je nachdem ob man den Grenzstrich gerade oder schräg zieht, sind wir nun endlich in der Sea of Cortez unterwegs. Als wir losfuhren, war gerade die Umstellung von Sommer- auf Normalzeit, wir fuhren um ein Kap und plötzlich musste die Uhr noch eine weitere Stunde verstellt werden. Mexiko hat mehrere Zeitzonen, wir sind nun in UTC-7. Klar, dass es erst einmal eine Diskussion an Bord gab: “Du hast die Uhr noch nicht umgestellt.” “Doch, habe ich heute morgen erledigt.” “Kann gar nicht angehen, mein  Handy zeigt eine andere Zeit an als die analoge Wanduhr.” “Dann stimmt da etwas nicht, soooo senil bin ich noch nicht, dass ich mir das Umstellen nur eingebildet habe.” Das Internet klärte uns dann über die Zeitzonengrenze auf. Interessant wurde es, als sich das Handy mehrmals umentschied, je nachdem, in welchen Funkmast es gerade eingewählt war. 😉

Sich an 2 Stunden Zeitunterschied zu gewöhnen, braucht schon ein wenig. Im Moment wachen wir wieder früh auf und sind früh müde. Das passt natürlich gut, wenn man morgens den thermischen Wind nutzen möchte. Da können wir dann schon mal mit 8-9 Knoten dahinzischen und das Segeln genießen, bis es gegen Mittag wieder laaaangsam wird und an den Nerven zehrt. Positiv ist, dass es nun nachts kühler wird, morgens sind oft nur noch 26 Grad, da braucht man schon mal wieder seinen Bettbezug als Decke. Ich habe sogar schon ernsthaft darüber nachgedacht, eine richtige Decke herauszukramen. Werde demnächst mal auf die Suche gehen, in welchen Ecken die sich versteckt haben. 

Bevor wir die Banderas Bay verlassen haben, war ich noch mit Doro und Frank auf einem längeren Spaziergang die Küste entlang. Wir wanderten erst am Strand, dann  auf der Klippe auf der Straße. Diese Straße wurde gerade erneuert. Kilometerlang lief man über den aufgebrochenen Asphalt. Am Ende kamen wir wieder an den Strand und zu einem Resort. Das war sehr weitläufig und sehr luxuriös angelegt mit perfekt gepflegtem Garten. Wir schlängelten uns hindurch und mussten eine ordentliche Strecke laufen, um an die Hauptstraße zu gelangen, auf der wir einen der unverwüstlichen mexikanischen öffentlichen Busse nahmen, um nach La Cruz zurück zu fahren. Immerhin so 8 km waren wir gewandert. 

Ein erster etwas längerer Stopp auf dem Weg nach Norden war die Guayabitos Bucht. Dort lagen wir vor der kleinen Insel La Peña. Auf dieser Insel gab es mal ein Hotel, das aber vor längerer Zeit einem Hurrikan zum Opfer gefallen ist. Jetzt gibt es dort nur noch ein Imbissrestaurant und abends ist keiner mehr dort. Dadurch ist es richtig schön ruhig, auch der Diskolärm vom Hauptort an der Küste kommt nicht am Ankerplatz an. Der Ort heißt La Peñita, er beginnt direkt hinter den Stränden, die sich entlang der Bucht ausdehnen. Schöne Strände mit malerischer Brandung, an einigen Stellen vielleicht sogar für Surfer geeignet. Hm, das klingt nicht gut für Fahrtensegler, die an Land möchten. Es gibt eine Flussmündung, die auch die lokalen Pangas zur Ein- und Ausfahrt nutzen. Gut, das können wir versuchen. Dort branden die Wellen auch hinein. Man muss sich also eine Welle aussuchen und mit dieser zusammen in die Flussmündung surfen, bevor die nächste Welle von hinten anrollt. Auf dem Rückweg muss man vor der Einfahrt warten, bis die Wellen gerade kleiner sind und dann möglichst schnell hinausschießen. Unsere kleinen Schlauchboote sind halt nicht sehr schwer und vor allem hecklastig. Dort sitzt der Motor plus 1 Mann. Ist die Welle zu hoch, wird man einfach kopfüber gedreht, oder seitlich gedreht und dann von der nächsten Welle umgekippt. Hinzu kam noch, dass wir nur Zeit hatten bis so ca. 2 Stunden nach Höchstwasserstand, denn bei ablaufendem Wasser wurde der Wasserstand in der Flussmündung zu niedrig, um im Wellental noch den Motor ins Wasser hängen zu können. Insgesamt betrachtet ein kleines Abenteuer, das wir mit nur geringem Wasser Überschwappen ins Dinghy meisterten. 

Der Ort ist mittelgroß mit einer langen Straße, an der sich die üblichen kleinen Geschäfte befinden, Zeug- und Souvenierläden, Handyläden, Oxxo Minisupermärkte und auch ein etwas größerer Supermarkt mit frischem Gemüse im Angebot. Natürlich ein Stopp für uns. Auf dem Rückweg ging es noch in ein kleines Restaurant in einer Nebenstraße. Dort lagerten sie solange für uns unsere eingekauftes Speiseeis in ihrer Kühlung. Sehr nett. 

Weiter die Küste entlang: Kleine Buchten mit und ohne Landgang.

Mathias berichtet: Kürzlich wurde ich gefragt, woran ich beim Segeln denke, was beschäftigt mich? Nun, hier ist es: Neulich versuchten wir, ein Ziel am Abend zu erreichen, aber es schien immer die gleiche Zeit zu dauern bis zur Ankunft. Am Morgen war das Ziel bei der derzeitigen Geschwindigkeit 8 Stunden entfernt. Zwei Stunden später war es immer noch 8 Stunden entfernt. Als dann mittags und nachmittags das Ziel immer noch 8 Stunden entfernt war, während wir langsamer und langsamer wurden, kam ich ins Grübeln… Wie lässt sich das mathematisch beschreiben? Wir werden natürlich nie dort ankommen, weil es immer noch 8 Stunden entfernt ist, aber können wir so nah herankommen, wie wir wollen, und dann vielleicht den letzten Meter rüberspringen? Ok, also, das Modell lautet T * v = s, wobei T die Zeit ist, die noch benötigt wird, also in unserem Fall 8 Stunden. v ist die Geschwindigkeit und s ist die noch zurückzulegende Strecke. Und da v = ds/dt, die Ableitung der Entfernung nach der Zeit, ist die Lösung einfach eine Exponentialfunktion: s = S * exp(t/T), wobei S die anfängliche Entfernung bei t = 0 ist. Aber Moment mal, das würde bedeuten, dass wir uns mit der Zeit immer weiter von unserem Ziel entfernen. Da stimmt etwas nicht! Ah! Mein übliches Problem: Die Geschwindigkeit ist ein Vektor und zeigt in die entgegengesetzte Richtung als die Entfernung, da diese mit der Zeit abnimmt. Die Differentialgleichung lautet also (-T) * v = s, und diese wird durch s = S * exp(-t/T) gelöst. Ausgezeichnet, wir kommen dem Ziel immer näher, aber asymptotisch langsamer, je näher wir kommen. Wir werden ewig brauchen! Was sagt eigentlich die Plotter-Vorhersage? Ah, 8 Stunden, wir sind noch auf Kurs! 🙂

Mantanchen Bucht vor San Blas

Bei San Blas beschlossen Mathias und ich, lieber nicht in den Hafen einzufahren. Die Einfahrt ist nicht sehr breit und soll laut Reiseführer ständig anders versanden. Man kann also nur unter Anweisung vom Port Captain überhaupt hinein. Dann steckt man in einer Flussmündung und ist den Mücken ausgesetzt. Hinzu kam noch, dass vor der Einfahrt ordentlich Brandung herrscht. Die Fradolin wollte trotzdem ihr Glück versuchen. Der Port Captain antwortete nicht auf Kanal 16 und ein Boot der Marina, das außerhalb Patrouille fuhr, wollte auch nicht als Lotse dienen. Vorsichtig näherte sich die Fradolin dem Eingang. Plötzlich sahen wir, wie sie von einer Brandungswelle erwischt und ordentlich durchgeschaukelt wurden. Sie drehten schnell in die Wellen und fuhren mit großen Hub- und Senkbewegungen zurück ins tiefere Wasser. Einen zweiten Versuch wollten sie nicht mehr unternehmen, denn zu allem Überfluss war auch noch Dreiviertel der Einfahrt von einem Bagger versperrt. War unsere Entscheidung also richtig gewesen. Die SAN hätte da auch in Schwierigkeiten geraten können. Wir haben auch noch mehr Tiefgang und können nicht so schnell drehen wie ein Katamaran. Der San Blas Landgang fällt also aus. 

Brotersatz für Mathias

Ausflug zum Schnorcheln in der Guayabitos Bucht. Die eine Kufe hält die Luft nur noch für ca. 1 Stunde, es ist kein Loch zu finden 🙁 Zum Glück ist die Pumpe klein und handlich.

Ach ja, dann war da noch ein Geburtstag zu feiern. Kennt Ihr den Witz: “Die meisten Frauen sterben mit 39”? Soll heißen, die wenigsten Frauen geben zu älter als 39 zu sein. In diesem Sinne begangen wir zum 22. Mal meinen 39. Geburtstag. Ich bekam eine Menge Geburtstagsgrüße und sogar auch ein paar Geschenke. Doro und Frank kamen abends an Bord und es war ein netter Tag. Jetzt kann ich mich langsam dran gewöhnen, künftig zu den “Senior Citizen” gezählt zu werden und für 19 Tage lang so tun, als sei ich weiser als Mathias. Mathias Ex-Chef hatte ihm aufgetragen, etwas Besonderes für mich zu organisieren. Das ist aber auf dem Wasser und unter ständiger Beobachtung nicht so einfach zu bewerkstelligen. Außerdem wäre die letzte Geburtstagsüberraschung ohnehin schwer zu toppen gewesen (ich berichtete: Das handyfreie Date). Dafür war er besonders nett zu mir und probierte ohne zu meckern meinen Geburtstagsmarmorkuchen. All die Jahre vorher lehnte er dies stets ab, weil er immer davon ausging, dass meine Marmorkuchen genauso trocken seien wie die, die seine Mutter früher backte. Sicherheitshalber gab es auch noch Obsttorte als Geburtstagskuchen. Ein Novembertag im schönsten Sommersonnenschein, man konnte nicht meckern. 

Jetziger Stopp ist Mazatlan, eine größere Hafenstadt. Hier werden wir ein paar Tage verbringen. Danach werden wir in Regionen vordringen, die nur noch sporadische Mobilfunkabdeckung aufweisen. The Horror! Kein Internet! Wir werden berichten, wenn wir wieder auftauchen. 😉

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Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Sabine Zöchling

    Liebe Birte,
    vielen Dank für Eure wunderschönen Bilder und Deine Kommentare.
    Liebe Grüße
    Sabine

  2. Helmut

    Hallo Ihr Zwei !
    Meine dringende Empfehlung ==>> Per Schlauchboot bei La Peñita oder anderswo keinesfalls kopfüber zu gehen. Mal abgesehen vom dann nassen T-Shirt erhält im betreffenden Moment der ja laufende Aussenborder einen Wasserschlag. Im Regelfall war’s das dann für den Motor …. und ich meine bisher keinen zweiten bei Euch an Bord gesichtet zu haben …
    So long@short
    Yours – Helmut

    1. trimaran-san

      Moin Helmut, jo, aber das ist leider schon in Costa Rica passiert… halber Salto Mortale nach hinten… Der Motor lief, aber ich habe immer den Benzinhahn am Tank abgesperrt, wenn ich durch die Brandung fahre. Damit zumindest kein Wasser in den Tank kommt. Es bedurfte einer sehr sorgfältigen Reinigung des Motors, aber danach lief der Motor wieder. Wir haben noch einen Elektromotor an Bord, aber dessen Leistung ist nicht sehr stark. Ansonsten gefällt mir der Elektromotor aber sehr gut.

      LG, Mathias

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