SAN

three hulls, two people, one trip around the world…

San Diego und Mexiko

Nochmal zur Erinnerung: Um mit dem eigenen Boot in die USA einreisen zu können, benötigt man eigentlich ein B1/B2 Visum. Für die Beantragung eines solchen Visums muss man zu einem Interview in eine amerikanische Botschaft gehen. Termine für die Interviews sind zur Zeit wegen Covidregelungen nicht zu bekommen. Mit einem solchen Visum könnte man für 6 Monate in die USA einreisen. Alternativ gibt es für Staatsangehörige bestimmter Länder die Möglichkeit eines Interview Waver Programms, das ist das ESTA. Hier wird einfach online ein Visum beantragt, das 2 Jahre gültig ist und Aufenthalte für jeweils bis zu 90 Tage zulässt. Die von Trump verhängte Einreisebeschränkung bezog sich nicht auf europäische Staatsangehörige, sondern auf alle Personen, die sich in den letzten 14 Tagen vor ihrer Einreise in die USA im Schengenraum aufgehalten hatten. Soweit, so unklar? Jedenfalls war ich schon wieder 14 Tage in Mexiko, das ESTA online kein Problem und einen Direktflug nach San Diego von Puerto Vallarta konnte man auch buchen (scheint saisonabhängig zu sein). Wir konnten also nach San Diego fliegen, dort ein paar Tage verbringen und bei der Wiedereinreise nach Mexiko gleich die Aufenthaltsgenehmigung für weitere 180 Tage in Mexiko erhalten.

Beim Zoll in San Diego erkundigten wir uns auch gleich danach, ob wir beim nächsten Mal denn auch mit unserem  Boot einreisen dürften. Dies wurde positiv bestätigt, wir müssen dann nur die Fahrgenehmigung für das Boot in San Diego beantragen. Die Einwanderungsbehörde der USA ist ja groß im Datensammeln. An der Grenzstation werden alle Fingerabdrücke gesammelt und gespeichert. Glücklicherweise gerieten wir an einen gut gelaunten Beamten. Lief bei Mathias noch alles reibungslos, begannen bei mir die Probleme. Rechts nur 4 Finger vorhanden. Gut, das konnte der Beamte noch anklicken. Dann links, zwar fünf Finger, aber der kleine ließ sich nicht gerade auf das Display drücken. Der Finger ist seit einem Bruch, als ich 14 war, krumm und damit zu kurz, um in die richtige Position und den richtigen Winkel gebracht zu werden. Kräftiges Nachrücken des Beamten half da der Maschine, doch noch ein Ergebnis zu produzieren. Der Beamte fragte noch, was ich denn machen würde und ob ich nicht Mathias arbeiten lassen solle. 😉

Dies ist schon die zweite Geschichte mit meinem Finger. In Deutschland hatte ich einen neuen Personalausweis bekommen, auch dort ist der Abdruck des rechten Zeigefingers gefragt. Es dauerte eine Weile bis die Beamtin nach geschäftigem Tippen am Computer und Befragung eines Kollegen, eine Einstellung fand, bei der man vorübergehende Nichtnutzbarkeit des Zeigefingers anklicken konnte und dann reichten Zeigefinger und Daumen der linken Hand. 

Ich stell mich schon immer auf eine längere Bearbeitungszeit ein. Scheint doch nicht sooo häufig zu sein, dass die Beamten fingerlose Leute kontrollieren müssen.  

Übrigens soll ab November die Einreise nach USA nur noch für vollständig geimpfte Personen zulässig sein, was im Grunde eine Verschlechterung der jetzigen Situation darstellen würde. Zwar könnte man aus dem Schengenraum dann wieder ohne die 14 Tage Umleitung direkt einreisen, aber halt nicht mehr jeder dürfte es.

Wir sind sehr froh, dass wir den Aufenthalt in San Diego dazu genutzt haben, auch Mathias impfen zu lassen. Es war vor Abflug nicht klar, ob es klappen würde. Man konnte sich nirgendwo anmelden. Einmal dort gingen wir einfach in eine große Apotheke bei Costco hinein und fragten nach dem Johnson&Johnson Impfstoff (da reicht eine Dosis aus). Sie hatten ihn vorrätig, nun brauchten wir nur eine lokale Adresse (in unserem Fall das Hotel) und kurz darauf bekam Mathias seinen Shot. Er hat es gut überstanden, anfangs schmerzender Arm und leichter Durchfall ein paar Tage später waren die einzigen Nebenwirkungen. 

Sehr genossen haben wir das kühlere Klima in San Diego. Zwar war noch T-Shirt-Wetter, aber man zerfloss nicht, sowie man sich bewegte. Auch die Sonne wärmte angenehm, ohne einen gleich zu überhitzen. Wir sahen uns den Steg an, an dem wir anlegen müssen, wenn wir das nächste Mal mit dem Boot einreisen werden, liefen in der Hafengegend herum und besuchten das Natural History Museum.

Besonders nett war, Kontakt zu einem Freund von Mathias aufzunehmen, den er vor ein paar Jahren durch die Arbeit kennen gelernt hatte. Als der Freund hörte, dass wir Schwierigkeiten hatten, zur weiter außerhalb gelegenen NXP Niederlassung zu kommen, weil es schwierig war, ein Taxi zu bekommen und auch die Mietwagen ausgebucht waren, lieh er uns spontan ein Auto. NXP besuchten wir zwar doch noch per Taxi und auf dem Rückweg per Bus, aber danach kurvten wir bequem im geliehenen Auto durch die Stadt. San Diego ist eine nette Stadt und es gibt auch Bürgersteige, aber die Entfernungen sind schon so, dass man besser mit einem Auto bedient ist. Es sah mal so aus, als hätte Mathias für ein paar Jahre in San Diego arbeiten können. Aber dafür sind wir jetzt wohl schon zu alt. Der Autoverkehr würde einen auf Dauer sicherlich stressen und uns schwebt für nach der Reise eher ein Ort vor, der fußläufig von einer Marina und einem Fischbrötchenstand entfernt ist. 

Wir waren noch bei dem Freund zum selbstgemachten Pizza Essen eingeladen. Ein toller Abend, super nette Gastgeber, ein tolles Haus mit großer gemütlicher Küche und Außenküche. Und kalifornischem Garten: Zitronen-. Avocado-, Pampelmusenbäume im Garten, frische Kräuter und Salat. Ein Traum. Wir freuen uns schon auf unseren nächsten Aufenthalt hier. 

Auch beim shopping bleiben kaum Wünsche unerfüllt. Ein großer Schiffszubehörladen (Western Marine) hatte Opferanoden vorrätig, die für die Fradolin II passen konnten. Beim Kauf dachten wir noch nicht darüber nach, dass wir die durch die Handgepäcksicherheitskontrolle vom Flieger schleusen mussten. Das ging aber dann gut, die Sicherheistleute hier sind wohl Segler gewohnt. Beim Apple Store musste man Schlange stehen. Glücklicherweise hatten sie den Rechner in der Konfiguration, die ich mir zum Filme machen ausgesucht hatte, nicht vorrätig. Kurz nach der Anfrage saßen wir im Restaurant und uns fiel ein, dass doch im Oktober immer die neuen Modelle bei Apple rausgebracht werden, Und siehe da, von dem gewünschten Rechner soll auch jetzt demnächst ein neues besseres und schnelleres Modell herauskommen. Da lohnt es sich, mit dem Kauf bis nächstes Jahr zu warten. Und wir müssen so auch nichts nach Mexiko schmuggeln. 😉 Ein Segelrevierführer für die kalifornische Küste passte noch in unser Handgepäck. Dann ging es nach 4 kurzen Tagen wieder zurück zur SAN. 

Die Wettervorhersage kündigte erneut einen vorbeiziehenden Hurrikan an. Zwar war für unsere Bucht nicht zu viel Wind angesagt, aber doch höhere Wellen. Deshalb blieben wir einfach noch zwei weitere Tage in der Marina, bevor wir uns wieder vor Anker legten. Just an dem Tag, als wir rausfuhren, drehte ich in der Küche den Wasserhahn auf und nichts passierte. Etwas stimmte nicht mit der Pumpe. Man kann sich auf einem Boot ja nicht über Aufgabenmangel beklagen. Mathias begann eine mehrtägliche Fehlersuche und am Ende hatte er aus den zwei Pumpen für den Wasserkreislauf, der Pumpe für das Salzwasser und einer Ersatzpumpe durch Austauschen defekter Teile (ein Druckregler, eine Pumpe) unser Wassersystem in Topp-Form. Während dieser Zeit holten wir unser Wasser aus Kanistern und bedienten die Toiletten mit Regenwasser, das im Dinghy vorhanden war. Dafür funktioniert nun das Tandempumpsystem für die Wasserversorgung tatsächlich zum ersten Mal. Obwohl wir es mehrmals beanstandet hatten, hatte die Werft es nicht geschafft, dass beide Pumpen zusammen arbeiteten. Wir hatten also immer nur eine Pumpe. Jetzt funktioniert es und Mathias hat eine Menge über Pumpen gelernt.

Das Leben in der Bucht gestaltet sich durch die Kontakte zur Fradolin II und zur Carry On recht gesellig. So waren wir auf der Fradolin II zum Grillen eingeladen und merkten erst kurz vor 1 Uhr nachts, dass es Zeit wurde wieder heimzufahren. Wir gehen zusammen einkaufen und Doro begleitete mich auch, als ich mal wieder auf der Suche nach einem Zahnarzt war. Mir war an einer anderen Stelle ein Teil einer Zahnfüllung herausgefallen. Scheint auch kein gutes Klima für Zahnfüllungen hier zu sein. Ich war natürlich genervt und wollte eine schnelle Lösung. Wir erinnerten uns, eine “dental clinic” auf dem Weg zur Bushaltestelle gesehen zu haben, also schauten wir mal. Die Klinik entpuppte sich als kleiner Laden mit Minivorzimmer und dahinter ein einzelner Zahnarztstuhl. Die Ausstattung erinnerte mich an die 50er Jahre Ausstellung im Museum Kiekeberg. Als Personal gab es nur den Zahnarzt selbst. Egal, wird schon werden. Es wartete niemand, also konnte ich nicht lange überlegen, um mich noch anders zu entscheiden. Ich war froh, als der Zahnarzt irgendwann doch noch Handschuhe anzog. Die neue Füllung machte er aber einwandfrei und toi, toi, toi, seitdem keine Probleme mehr. 

Praktisch ist es auch, Freunde zur Hand zu haben, wenn der Dinghymotor nicht anspringt. Das passierte mir, als ich nur mal eben schnell die Internetkarten wieder aufladen wollte. Auf dem Rückweg tat sich nichts beim Ziehen an der Anlasserschnur. Der Benzintank fühlte sich verdächtig leicht an. In der Bucht war das Wasser etwas bewegt, ich hatte also wenig Lust, die Strecke zurück zu rudern. Deshalb nahm ich zwar die Ruder raus, ruderte aber nur innerhalb der Marina zur Carry On, wo James mir half und als er den Motor auch nicht an bekam, mir einfach seinen Benzintank anschloss, mit dem ich zu unserem Boot zurück fahren konnte. 

Die Carry On (die andere Neel51) hatte hier bei der Werft einen Termin, um am Travellift aus dem Wasser gehoben zu werden. Wir kamen an dem Tag mit auf das Boot um dabei zu helfen. Das Bugstrahlruder der Carry On funktioniert nicht mehr, da ist es schon besser beim Manövrieren ein paar mehr Hilfen an Bord zu haben. Gut wäre auch gewesen, von Anfang an, mit dem Dinghy von außen als Hilfe dabei gewesen zu sein. Es war selbst bei leichtem Wind keine einfache Aufgabe, das Boot in das schmale Beton-U der Krananlage zu bugsieren, vor allem auch, weil die Helfer an Land nicht an der richtigen Stelle standen und nicht immer die Anweisungen des Skippers befolgten. Aber es waren genügend Leute an Bord, um mit Fendern zur Stelle zu sein, oder vom Steg wieder abzustoßen. Das war notwendig, als der Wind die Carry On herumdrückte. Sie hing vorne schon an den Leinen des Beton-Us fest und drohte hinten gegen den Nachbarsteg zu bumsen. Bei leichten Winden kann man sich auf den Ausleger des Boots setzen und mit den Beinen sich und das ganze Boot vom Steg wieder abdrücken. Das war meine Aufgabe 🙂 So schafften wir es, ohne Kratzer in die schmale Öffnung einzufahren und dann kam der aufregende Moment, an dem das Boot angehoben wird. Auch das lief gut ab. Nächste Spannungsspitze ist das Absetzen auf die Unterkonstruktion an Land. Das ging ebenfalls gut. Allerdings sind die Stützen an Punkten, die für uns nicht so günstig wären, nämlich am Mittelrumpf genau dort, wo wir auch in Vacamonte unterstützt wurden und wir hatten ja gehofft, dass wir etwas anders aufgeständert werden könnten, um diese Stellen mit Antifouling erreichen zu können. Doch für die eigentlich vorgesehene Unterstützung unter den Auslegerbögen waren die hiesigen Gerüste nicht hoch genug. Zudem gab es noch Stützen an den Auslegern, die im Extremlastfall gar nichts bewirken würden. Wir sollten uns also auch noch andere Möglichkeiten anschauen, wo wir aus dem Wasser kommen könnten. Bei unserer Breite gibt es nicht so viele Optionen.

Mit dem Ausklang der Hurrikansaison füllt sich die Bucht langsam mit anderen Seglern. Bei der deutschen Limelight kam der Rest der Crew wieder an, sie verbrachten ein paar Tage hier und machten sich dann auf den Weg Richtung Norden. Ein Amerikaner mit einer Pogo 40 kam in die Bucht und besuchte die umliegenden Schiffe. Mathias ging an einem Nachmittag mit ihm segeln. Die Pogo ist eher eine Rennyacht als ein Fahrtensegler und sie segelten dann auch in 45 Grad Schräglage – nichts für mich. 

Bisher letzter Neuzugang ist eine Schweizer Yacht. Sie raste quasi direkt auf unser Heck zu und fragten uns, ob wir zusammen zu Abend essen wollten. Mathias war leicht irritiert, sagte aber für den nächsten Tag zu. Ich hatte vorher von Doro gehört, dass sie mit einer Schweizer Yacht in Kontakt stand, die demnächst hier ankommen wollte. Deshalb vermutete ich, dass die Yacht unsere beiden Schiffe verwechselt hatte und einfach auf das erste deutsche Mehrrumpfboot in der Bucht zugefahren war. Diese Vermutung bestätigte sich und so gingen wir am folgenden Tag zu sechst essen. Die Schweizer kamen jetzt von Kanada runter und hatten in früheren Reisen auch schon Alaska besucht. Das klang nach Traumzielen. Schauen wir mal, wie weit wir im nächsten Jahr an der amerikanischen Küste kommen. Ihre Rückreise planen die Schweizer nach dem Panamakanal über Grönland und Nordschottland, sie konnten auch nichts mit der hiesigen Wärme anfangen 😉

Seit Mathias alleine an Bord war, hat er gelernt, leckere Salate zu machen. Eine Fähigkeit, die er beibehalten hat und die gern gesehen wird. 🙂

Neuer Lüfter in der Vorderkabine. Dort schlafen wir, wenn wir vor Anker liegen. Die Belüftung ist dort am besten. Aber der alte Lüfter blies direkt auf meinen Kopf, was ich nicht gut vertragen kann. Dieser bläst nun unmittelbar auf Mathias.

Ein Hurrikan war noch wieder im Anmarsch, er ging aber schon weiter südlich an Land. Es geht allmählich auf den Tag des erneuten Aufbruchs zu. Es wird auch höchste Zeit, denn seit ein paar Tagen ist das Wasser in der Bucht hier großflächig nur noch moorig schwarz.

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Rolf Moldrings

    Hallo,
    San Diego ohne Zoobesuch? Unbedingt beim nächsten Besuch nachholen,
    weil sehr sehenswert!
    Ansonsten wie immer ein schöner Reisebericht – DANKE !

    1. trimaran-san

      Jo, wir waren ganz dicht am Zoo, beim Naturkundemuseum, aber bei sowenig Tagen musste man sich entscheiden… Und unsere Freunde meinten, das Museum ist besser als der Zoo… LG, Mathias

  2. Jan Weustink

    Hallo Birte und Matthias,
    Wieder einmal ein toller Bericht von Euch! Auf Youtube folge ich auch CarryOn und diesen Sommer war ich mit einer Neel 45 in Kroatien unterwegs.
    https://youtu.be/UXlohMPIKSE
    November 2024 geht es für uns mit der ganzen Familie auch los, nur das Boot fehlt noch! Die Neel 51 ist noch immer mein Favorit und Eure Berichte machen wirklich Lust auf mehr. Viele Grüße aus dem nasskalten Karlsruhe!
    Jan

  3. MIcheline Lang

    Wie immer ein toller Reisebericht. Und der Rhabarberkuchen mit Sahne – zum Anbeißen!!!! Hier geht die Apfelernte zu Ende….und Rhabarber erst im Mai!!
    Hier wird’s ungemütlich herbstlich. Da tut gut eure Filme zu sehen. Sonne, Meer und Strand.
    Na, alles Gute, bis bald.
    Lieben Gruß aus Alvesen.
    Micheline

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