SAN

three hulls, two people, one trip around the world…

Die große Reise beginnt

Hamburg – Amsterdam – und weiter

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Der Hamburger Sporthafen liegt sehr zentral, auch St. Pauli und die Reeperbahn sind nicht weit, so ist es vielleicht verständlich, was zwei NXP-Kolleginnen passierte. Sie waren gegen 22:30 Uhr auf dem Weg zu uns. Im Dunkeln waren wir nicht so leicht zu finden, also erkundigten sie sich bei den anderen Schiffen nach einem Trimaran. Erste Reaktion: „Trimaran, was ist das denn?“ Nach der Erklärung, dass es sich um ein recht großes, breites Schiff handele, kam die Gegenfrage: „Ach, seid Ihr die Callgirls für den Trimaran?“

Nach vielen lieben Besuchen auf unserem Schiff kam der Tag vor dem Auslaufen. Noch ein paar last-last-minute Abstimmungen mit dem Büro und unserer Tochter, Provianteinkauf in der Hafencity (zu Fuß mit Kartoffelmercedes), Verstauen der vielen Abschiedsgeschenke (nochmal Danke an alle) und Leerräumen der Oberflächen.

Zum Abschluss des Tages gingen wir im Portugiesenviertel Essen.

Am Donnerstag, den 1.8. hieß es dann um 4:45 Uhr: Leinen los!

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Beinahe hätten wir noch diesen für die Strömung günstigen Zeitpunkt verpasst. Als Mathias vor die Tür ging, entdeckte er auf unserer Bank im Zelt einen blinden Passagier! Ein junger Mann hatte es sich dort im Schlafsack gemütlich gemacht! Zukünftig werden wir im Hafen unseren elektronischen Hund aktivieren. 

Das Ablegemanöver klappte gut und die Fahrt durch den beleuchteten Hafen war sehr schön. Danach sah ich nicht mehr viel von der Umgebung, sondern säuberte die Fender vom Elbschlick. Wir fuhren die Elbe runter unter Motor, weil der Wind ungünstig blies. Schon fast bei Cuxhaven angekommen, blieb der Motor plötzlich stehen. Zwar waren wir nicht im Fahrwasser, aber neben uns war eine Sandbank und damit gefährlich flaches Wasser. Mathias ankerte und die Fehlersuche ging los. Der Fehler war schnell gefunden: Der Tagestank war leer gefahren! Pumpe für den Tank anstellen und mit der Handpumpe am Motor wieder Diesel ansaugen. Nach einer Viertelstunde ging es weiter und alle an Bord wissen nun, wo die Handpumpe am Motor sich befindet. 😉

Mit uns segelt für die ersten drei Wochen Iris. Sie hat das Befahren des Englischen Kanals intensiv für die SKS Prüfung studiert und freut sich darauf, die Theorie in die Praxis umsetzen zu können. 

Elbvertiefung

Cuxhaven legten wir einen Stopp zum Diesel tanken ein. Der Wind drückte uns gegen die Steganlage und so gelang uns mit mir am Steuer und Mathias mit der Leine und dem großen Schritt an Land ein elegantes Anlegemanöver. Sah bestimmt von außen aus, als hätten wir das schon ganz häufig geübt. 🙂

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Weiter ging es entlang der Küste. Der Wind war mäßig und die Fahrt deshalb ruhig. Iris kochte uns ein leckeres Abendessen und die Nachtfahrt konnte beginnen. Wir hielten uns zwischen Verkehrstrennungsgebiet und Küste. Leider kam der Wind von vorne, weshalb wir viel mit Motorunterstützung unterwegs waren. Am nächsten Tag wurde es wieder recht warm und der Wind nahm etwas ab, wechselte aber auch die Richtung. Jetzt stand er günstig, einen unserer Spinnaker auszuprobieren. Das erste Mal. Nur die Ruhe bewahren. Sehr gründlich legten wir das Segel auf das Vordeck, durchdachten die Leinenführung, kontrollierten, dass das Fall nicht vertüddelt war und zogen letztendlich erfolgreich das Segel hoch. Da waren zwar 1 ¼ Stunden vergangen, aber hey, man muss ja auch noch steigerungsfähig sein können bei der Optimierung seiner Manöver 🙂

Als ich diese Zeilen schrieb, zischten wir gerade mit 10 Knoten dahin und das Segel stand 1A 🙂 . Erst bei 20 Knoten Wind trennte sich Mathias vom Spinnaker. Die Aufgabe, das Segel bei diesem Wind zu bergen, bescherte meinem Helm bereits den ersten Einsatz. Da hatte ich einen schön warmen Kopf. Mir schlug zwar nur das Spifall beim Festbinden gegen den Helm, aber auch das hätte sonst weh tun können. 

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Diesmal übernahm ich das Kochen des Abendessens. Iris streikte, sie wollte nicht in „dem schwankenden Wohnzimmer“ kochen, weil man dabei weiter fliegt als auf einem normalen Schiff. Ging mir anfangs auch so, aber man gewöhnt sich dran und stellt sich halt einfach breitbeinig wie ein alter Seebär auf. 😉

Die zweite Nacht war windiger. Wir banden das dritte Reff ins Großsegel und setzen nur die Selbstwendefock. Im ersten Teil der Nacht war es unruhig und Iris und Mathias wurden angefunkt von einem Hubschrauber, sie sollten am Heck eines größeren Schiffes vorbeifahren, um das Anflugmanöver nicht zu stören. Als meine Wache anfing, hatte die See sich etwas beruhigt und wir mussten nur noch auf die Lichter der anderen Schiffe achten. Warm und trocken von unten steuernd segelten wir einen Umweg um zwei Windparks, um nicht zu früh vor Amsterdam anzukommen und Mathias noch länger schlafen lassen zu können. 

Bei der Marina in Amsterdam hatten wir nicht reserviert (zu viele andere Dinge im Kopf gehabt in den letzten Wochen). Man sollte um 13 Uhr anrufen und fragen, ob Platz frei sei. Das ließ Zeit, mit ein paar Gay-Awareness-Parade-Booten zusammen bis in die Stadt einzufahren. Kurz nach 13 Uhr kamen wir in der Marina an und legten an demselben Platz wie letztes Mal wieder an, ordentlich eingeparkt. Diesmal mit Mathias am Ruder und ich schaffte den großen Schritt auf den Steg. 🙂

In Amsterdam blieben wir zwei Tage, einen nutzten wir zu etwas Sightseeing und es kam Besuch. Den zweiten deklarierten wir zum Ruhetag. Mathias bastelte an seiner Antennenkabelleitung für das Satellitentelefon und ich räumte weiter auf. Bis wir auf den Kanaren ankommen, soll alles einen sinnvollen Platz bekommen haben, an dem es nicht durch die Gegend fliegen kann, oder es muss noch ausgeladen werden.

Wir sind nun auf dem Weg nach Southampton und hoffen, dass wir so gut vorankommen, dass wir noch einmal zwischendrin einen Hafen anlaufen können. Der Wind steht nicht günstig. Die Stärke und der Seegang lassen das Schiff ordentlich wackeln. Ich sitze auf dem Bett mit meinem Rechner, damit er nicht irgendwo runterfallen kann. Weil das Bett ja erhöht angebracht ist, steigt man jetzt mit einem judoähnlichen Schulterabroller hinein, um nicht in der Welle kopfüber durchs Fenster zu schießen 😉

Aber davon erzähle ich nächstes Mal.

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Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Anja Engelmann

    Birte, dass hast du aber schön geschrieben.
    Es ist ein komisches Gefühl, dass ihr nun auf Weltumsegelung seid. Euer Haus sieht auf einmal so fremd aus. Wir freuen uns euch irgendwann mal zu besuchen. Liebe Grüße auch an Iris und Mathias.
    Bis bald Anja

  2. Wilfrid

    Na das fängt ja schon sehr ereignisreich an. Und trotz des blinden Passagiers auch recht früh am morgen, zumindest früher als ich es erwartet hatte. Ich glaubte zu erinnern, dass es um 7:00 losgehen sollte und habe zu der Zeit mal kurz vom Michel geschaut und dann festgestellt, dass Ihr schon weg seid.
    Schön zu sehen, dass trotz der vielen Ereignisse noch Zeit bleibt für einen schönen Longdrink bleibt.
    Viele Grüße und entspanntes Segeln!
    Wilfrid und Friederike

  3. Micheline Lang

    Juchu, endlich hab schon auf einen Bericht belauert. Bin begeistert. Bedauer es immer noch so sehr, dass ich euch in Hamburg am Hafen zur Verabschiedung verpasst habe, und euch zuvor auf dem Boot nicht angetroffen habe.
    Danke für den Bericht eurer ersten Tage auf See. Ich segel am Freitag auf der Alster. Windstiller, ohne Helm und ohne Gepäck, doch auch mit Begeisterung!!
    Lg. Micheline

  4. Norman Pater

    Big sail trips, wonderfully told! Greetings to you from Kaya krew in Gothenburg

  5. Matthias

    Toller Bericht, es ist fast so, als wäre man selbst mit dabei! Auf der Seekarte verfolge ich ab und zu den Kurs der SAN und drücke Euch die Daumen, dass Ihr möglichst nur positive Abenteuer erlebt! Euch noch viel Spaß, eine Menge an tollen Erlebnissen und viele Grüße auch an Mathias von dem Matthias mit Doppel-T 😉

  6. Cornelia Morrison

    Ihr Lieben, Euch eine gute Ueberfahrt nach Southampton! Mit Interesse verfolgen wir Eure Seereise.
    Auch wir werden in diesen Tagen auf einem Boot weilen, allerdings auf einem sehr viel kleineren. Wir werden mit einem Narrowboat auf dem Old West River von Ely aus shippern. Alles Liebe und Gute Euch!

  7. Bruce Murray

    Love the stowaway story… the day after Susanne (Lohmann) visited your boat, she mysteriously did not appear online the next day and I did in fact assume that she was on her way to the Canaries with you (even if you didn’t know about the fact…).. we had in fact discussed the idea the day before..

    However, the explanation was far more “typical NXP”… her computer was not working properly and would not connect to Skype….

  8. Micheline Lang

    Toll!! Ich bin begeistert, und dass immer wieder….
    Nun bin ich ganz gespannt auf den nächsten Bericht!

  9. Erich Karner

    Alles Gute euch beiden….gruss Erich K. aus Graz!

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