Seit unserem Aufenthalt in der Tor Bay hat sich das Wetter beruhigt. Wir hatten schöne Sonne und moderaten Wind. Es ging gemütlich entlang der südenglischen Küste von einer Ankerbucht in die nächste. Am Freitag, den 23.8., drehte der Wind endlich zu unseren Gunsten und wir machten uns auf den Weg nach Frankreich.
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Die Überfahrt verlief auf Halbwindkurs beständig und der Autopilot arbeitete zuverlässig. So kann segeln auch sein. Abends schlief der Wind ganz ein und wir mussten noch ein Stückchen unter Motor in eine Bucht zum Ankern fahren. Im Dunkeln ankern wir lieber weiter draußen. Das war auch weise, denn am nächsten Morgen sah man, dass die ganze Bucht voller kleiner Motorboote ohne Ankerlicht war.
Zeit, mal wieder einen Hafen anzulaufen und Vorräte aufzustocken.
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Wir wollten nach Brest und wie der Zufall so will, las ich unterwegs in meinen Mails, dass die Makani der Glüxpiraten auch gerade in Brest lag. Die Eigner der Makani hatte ich beim Skippertraining kennen gelernt und da wir beide auf der Suche nach einem Boot zum Blauwassersegeln waren, trafen wir uns immer mal wieder auf Messen und blieben in Kontakt. Sie haben eine sehr schöne Website mit Podcasts, schaut mal rein.
Küstenstädte sind auch in Frankreich hügelig. Jedenfalls gab es auch in Brest wieder Höhenmeter zu erklimmen, um an den Supermarkt heranzukommen.
Mathias reparierte zur Abwechslung mal nicht nur das Boot, sondern auch unser Fahrrad, beim dem sich zur Zeit eine Speiche nach der anderen verabschiedet. Ich nutzte das Fahrrad, um zur Makani zu kommen, die in der nächsten, 5 km entfernten, Marina lag und um am nächsten Tag noch einmal die Höhenmeter zum Supermarkt zu überwinden. Da wir ja nicht wirklich die Wander-Menschen sind, war es schon nett, das Fahrrad zur Verfügung zu haben.
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Die Reparaturarbeiten in Brest hatten immer noch auch mit der Toilette im Gästerumpf zu tun. Hier hatte sich der Tank von der Wand aus der Verankerung gelöst und war ausgelaufen. Wir sind immer noch damit beschäftigt, den Raum dort zu spülen. Das Abwasser wird allmählich heller……
Ein neuer Reparaturfall war die Schiebetür, die sich mitten in der Welle nicht mehr verschließen ließ. Grund: die Halterung, die aus zwei Schrauben in den Aluminiumrahmen besteht, hatte sich gelöst.
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Aus dem Hafen in Brest liefen wir am zweiten Tag erst mittags aus, nach dem ganzen Getüddel im Hafen braucht man auch mal wieder Ruhe.
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Die nächsten Tage brachten schönes Wetter und moderaten bis wenig Wind. Unser Kurs erlaubte es, mehrere unserer Vorsegel auszuprobieren. Das klingt vielleicht einfach, aber man muss schon lernen, mit den riesigen Segeln zu hantieren. Segeln damit ist eine Sache, aber übungsbedürftig ist das Setzen der Segel. Bei uns heißt das: die lange Schlauchhose mit dem Segel aus den vorderen Stauräumen herausziehen, sie strategisch gut auf dem Vordeck hinlegen, die Schoten einziehen (mehrmals die gesamte Schiffslänge ablaufen), räumliches Vorstellungsvermögen einsetzen, um zu überlegen, welche Leine oben und welche unten liegen muss. Es mag sein, dass erfahrene Segler jetzt schmunzeln, aber man ist tatsächlich eine ganze Weile beschäftigt, bis so ein Segel gesetzt ist und man bekommt Bewegung und braucht Kraft. (Und dabei hat meine Ärztin gesagt, Segeln sei kein Sport.)
Erst hatten wir den Spi oben, bei ihm löste sich in der Halse die Schlauchhose und er musste runter und wieder gesetzt werden. Auch die Tackleine löste sich einmal – wieder Action an Bord. Dann drehte der Wind, also beschlossen wir, einen Parasailor auszuprobieren. Es funktionierte gut. Runter ging das Segel nicht so gut, der Schäkel am Mast hatte sich verkeilt. Dadurch mussten wir in der Ankerbucht mehrmals Mathias den Mast hochziehen, um das Segel wieder los zu bekommen. Für uns eine Erinnerung daran, dass man mit elektrischen Winschen vorsichtig umgehen muss.
Mathias tüftelte mit mehreren Leinen ein Hebelsystem aus, um den Schäkel am Masttopp aus der Verkeilung zu befreien. Trotzdem hatte er die Ruhe weg und filmte auch noch von oben:
Danach hatten wir einen Tag, an dem wir drei verschiedene Vorsegel gesetzt und geborgen haben. Erst den Spi, dann wagten wir uns an den größten der drei Parasailor heran – 283 m2. Es klappte beim zweiten Anlauf, ihn hochzuziehen, nur der Wind war nicht stark genug. Also wieder runter damit und das kleinere Parasail rausholen und hochziehen. Das ging schon erheblich leichter nach der ganzen Übung, aber es kann besser werden. Als nächstes werden wir mal darauf achten, wieviel Zeit wir zum Setzen brauchen.
Bewegung bekommt man übrigens auch beim Sichern und Verstauen des Großsegels. Die Dimensionen und Höhen auf diesem Boot sind alle so, dass ich 5-10 cm länger sein müsste, um gut überall anzukommen. Dementsprechend anstrengend bzw. sportlich sind die Arbeiten für mich.
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Natürlich gab das schöne Wetter auch Gelegenheit, die Couch auf dem Sonnendeck zu benutzen. Überhaupt ging es uns gut die letzten Wochen: Die Ankerplätze vor der französischen Küste hatten alle schlechten Internetempfang 😉
Wir befinden uns hier in sehr guter Gesellschaft: Man kann Boote sehen, die an der Vendee Globe teilnehmen. Einmal kam uns die neue Sodebo Ultim 3 entgegen. Sie soll die derzeit schnellste Segelyacht der Welt sein und ist auch ein Trimaran. Leider war sie zu weit weg, man konnte ihr nicht zuwinken. 😉
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Dann sahen wir die Eyesea Solo Sailor und die Setin Solo Sailor.
Derzeitiger Hafen-Stopp ist La Rochelle. Hier werden wir einige Tage bleiben, um die Nachbesserungen bei Neel vornehmen zu lassen, bevor es weiter geht Richtung Süden und Portugal.
Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
Hallo Ihr Beiden,
wieder tolle Bilder und als Nicht-Segler habe ich großen Respekt vor den “kleinen” Störungen Eurer Fahrt. Mathias Ruhe hätte ich nicht 😉
Möge die Werft alle Reparaturen so ausführen, dass Ihr mehr zum Üben der Segelabläufe kommt.
Viele Grüße, Thorsten
Hallo san,
Ich halte immer Ausschau nach euch. Sind letzte Woche in Frankreich bei Le Havre gewesen und seit gestern für 1 Woche auf Quiberon. Wir wohnen direkt am Meer mit Blick aufs offene Meer. Viele Segelschiffe zu sehen, doch euch haben wir wieder verpasst. Wir sind ja Mountainbiker und keine Segler.
La Rochelles ist leider in diesem Jahr nicht auf unserer Route.
Bin begeistert von Matthias Kletterkünsten und wieviel Segelschiffe und Segler du kennst !!!
Euer gelbes Segel ist Spitze!!!
Weiter gute Fahrt.
Micheline und max
Hallo,
Ich finde euren Blog ganz toll. Bin kein Segler, aber liebe alles was mit Blauwasserseglen zu tun hat. Vor ein paar Jahren war ich mal 2 Wochen auf Wolfgang Hausners Katamaran Taboo III auf den Philipinnen. Verfolge auch die Qualitätsdiskussion um die Firma Neel im Internet. Generell finde ich das Konzept von Neel sehr gut. Aber euer Blog bestätigt die Berichte von anderen, dass Neel eine großes Problem mit der Handwerksqualität hat. Z.B. Vlog von Ruby Rose. Das Video auf der Homepage von Eric Bruneel, indem er das QM seiner Firma anpreist kann man nur als Augenwischerei betrachten. Ich hoffe, dass ihr zumindest effektive Hilfe von Neel bekommt, jetzt da ihr in La Rochelle seid und dass alle Mängel beseitigt werden und keine strukturellen auftreten. Ich wünsche euch viel Glück bei eurem Abenteuer und werde euere Reise weiterhin verfolge. Allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel
LG
Andreas aus Duisburg
Hallo SAN,
inzwischen seid Ihr ja in der Biskaya angekommen.
Hat die Werft alle Probleme beseitigen können ohne neue zu generieren?
Wir sind schon mal vorab auf Gran Canaria und genießen das tolle Wetter. Wie viel Zeit habt Ihr Euch bis hier vorgenommen?
Viele liebe Grüße, Gina und Thorsten