SAN

three hulls, two people, one trip around the world…

Baja California – Pazifikseite

Es juckte uns in den Fingern, der Wind war ok, noch länger warten und er würde zu doll werden. Also, dann los. Leider hieß das auch Abschied nehmen von der Crew der Fradolin. Wir verbrachten noch einen Grillabend zusammen und gingen ein zweites Mal auf den Markt, kauften chilenisches Schwarzbrot (sehr lecker, nach Chile sind viele Deutsche ausgewandert) und aßen mexikanische gefüllte Pfannkuchen. Wir fuhren an dem Sonntag noch bis zum Ende der Bucht, nach Punta Mita. Dort endete mein letzter Blogeintrag.

Es folgte eine Zeit mit viel Segeln, Motorsegeln, Wind und Windstille, Reffen, nächtlichen Wachwechseln. Die Sitzecke im Cockpit wurde wieder zur Schlafstätte umfunktioniert. Unsere erste Etappe ging von der Banderas Bay rüber nach Baja California. Das Kap wollten wir nicht anlaufen, sondern wir steuerten gleich einen Punkt weiter nördlich an. Der erste Ankerstopp war die Bahia Santa Maria, dort blieben wir eine Nacht. 

Das Wetter hier ist nicht mehr tropisch. Der Wind ist meist kühl bis kalt, nachts kühlt es ordentlich ab, aber tagsüber in der Sonne ist es wie im Hochsommer in Deutschland. Immerhin kann man mal wieder T-Shirts tragen, hat also wieder mehr Klamotten zur Auswahl 😉 Die Bettdecken werden auch wieder genutzt, nachdem ich sie ordentlich habe auslüften lassen. 

Durch den Wechsel von Windstärke und -richtung blieb die Fahrt abwechslungsreich und etwas anstrengend. Hier 2 Tage als Auszug aus meinem Tagebuch (Ich übernehme das Steuer um Mitternacht):

Donnerstag: In der Nacht frischte der Wind auf. Er ging auf 20 Knoten, wir banden das 2. Reff ein. Der Wind änderte die Richtung öfters und war böig, dadurch wurde das Steuern schwierig. Man musste beim Autopiloten viel nachkorrigieren. Tagsüber flüchteten wir vor einem Starkwindgebiet und fuhren dann so, dass wir das zweite Gebiet nur am Rande mitnahmen. Abends zischten wir gut entlang der Küste. In der Nacht (23:30 Uhr) hatte sich das Dinghy nach hinten raus in der Halterung verschoben. Die Wellen hatten zu arg um das Boot herumgeschlagen. Mathias hielt das Dinghy fest, ich musste aufstehen und an den Steuerstand, um in den Wind zu steuern. Da hatte man erstmal ein wenig Ruhe. Wir nahmen die Persenning ab und schnallten das Dinghy wieder gut fest. 126 sm.

In dem kleinen Video sieht man unsere Strecke von Punta Mita in der Banderas Bucht, vorbei am Kap San Lucas bis zum ersten Ankerplatz in der Bucht Santa Maria. Die dargestellten Wetterdaten holten wir täglich über Satellit als Grib-File. Gut zu erkennen sind die beiden Starkwindgebiete, denen wir gut ausweichen konnten:

Freitag: Mathias blieb noch mit wach, solange der kräftige Wind blies. Zwischen 1:00 und 2:00 nahm der Wind ab. Erst ging es noch gut weiter, dann folgte eine Periode mit Winddrehern und wenig Wind. Als es mir zu langsam wurde, warf ich den Motor an. Eine Viertelstunde später war der Wind wieder da und es ging teils recht flott voran. Mathias wachte auf, als wir wieder so richtig zischten. Wieder typisch, da kann man kaum glauben, warum es vorher so mühsam voranging und der Schnitt verdorben wurde. Bis mittags konnte man gut segeln, dann folgte eine Phase mit wenig Wind und wir fuhren wieder unter Motor, um noch im Hellen die Ankerbucht zu erreichen. Kurz vor der Bucht sahen wir Wale. Einer davon sprang zweimal senkrecht aus dem Wasser ganz in unserer Nähe. Für die Kamera wollte er den Stunt aber nicht wiederholen. 98 sm.

Man sieht an den Seemeilen, dass man hier gegen den Wind und mit einigen Flauten zwischendrin nicht gerade schnell vorankommt.

Danach ging es weiter nach Abreojos (von Abre Ojos = Mach die Augen auf!). In der Gegend sollte man gut aufpassen, weil es viele Untiefen, Fischerbojen und Wale gibt. Dort in der Nähe soll es einen Nationalpark geben, in dem Grauwale kalben. Pangatouren sollen von Abreojos abfahren. Vor dem Ort sah es allerdings sehr einsam aus. Es gab nur 2-3 Fischer-Pangas. Leider konnten wir uns nicht mehrere Tage Zeit nehmen, um an Land zu gehen und Erkundigungen anzustellen. Mathias hatte sich bereiterklärt, am 10. einen Vortrag online für den DSV über Ankern zu halten und am 14. hatte er einen Arbeitstermin. Internet war also wieder ein Thema. Abreojos ist nur mit 3G angeschlossen, das reicht nicht für Vorträge. Baja Californias Pazifikküste ist eine Internetwüste, deshalb mussten wir 160 sm weiter bis zum nächsten Spot. 

Der Wechsel in der Windstärke kommt manchmal sehr abrupt, es gibt echte Windkanten. Das kennt man ja eigentlich, aber es war schon merkwürdig, als einmal der Wind von 22 Knoten völlig unerwartet auf 7 Knoten abfiel. Da kommt man sich ziemlich ausgebremst vor. Einmal während meiner Nachtwache fuhren wir küstennah. Dort sind häufig Fischerboote unterwegs. In dieser Nacht waren wir unter Windsteuerung und durch den unsteten Wind eiert man dabei schon mal etwas hin und her. Die kleinen Fischer haben alle kein AIS und sie sparen auch Batteriestrom. Das heißt, sie schalten ihre Positionslichter erst an, wenn sie ein Boot auf sich zukommen sehen. Für mich bedeutete das, dass ich nie so genau wusste, ob und wo sich wieder ein Boot aufhielt. Einmal sah ich ein Licht und sogar ein grünes Positionslicht und freute mich schon, dass ich mal beobachten konnte, wo das andere Boot längsfuhr. Schwupps, da gingen die Lichter wieder aus. Na ja, er fuhr ja in die andere Richtung ….

Nachdem wir Abreojos verlassen hatten, war der nächste Ankerplatz in der Bucht Sebastian Vizcaino. In die Bucht fuhren wir durch einen Kanal zwischen dem Punta Eugenia und der Insel Natividad. In diesem Kanal herrschte munteres Leben: Fischerbojen und Wale, Untiefen und Strömung. Wir hielten die gesamte Zeit gut Ausschau. Eine Durchfahrt, die man auf keinem Fall im Dunkeln machen sollte. Als vor dem Kanal Wind und Welle gerade nicht sehr stark waren, konnte ich nach vorne gehen, um in ca. 1,90 m Höhe eine Vertüddelung der einen Genuaschot um die andere zu bearbeiten. Das war uns passiert, als wir bei viel Wind die Genua einholen mussten, um sie mit der Fock zu ersetzen. Dabei muss man auch auf die lose Schot auf der anderen Seite achten und das war uns bei dem starken Wind nicht so gut gelungen. Gerade damit fertig, fiel uns die nächste Ungereimtheit auf. Wir hatten die Angel über Nacht vergessen und die Schnur zog nach hinten  weg in einem merkwürdigen Winkel. Da hatte sich die Schnur wohl um das Ruderblatt gewickelt – gar nicht gut. Aber erst mussten wir durch den Kanal fahren. Kurz nach dem Kanal war der Wind wieder schwach und wir hielten an und ließen uns treiben. Ich machte mich fertig, um ins Wasser zu gehen und nachzuschauen. Weil das Wasser hier nur noch so 21 Grad hat, zog ich den dicken Neoprenanzug an, da war mir nur noch am Kopf kalt. Es dauerte rund eine Stunde, bis ich die Angelschnur aufgewickelt hatte, festgestellt hatte, wie rum die Schnur um die Aufhängung des Ruderblatts gewickelt war und mittels diverser Tauchgänge den Salat behoben hatte.

Die Bucht Sebastian Vizcaino war unser 3. Ankerstopp. Dort blieben wir 3 Nächte, allerdings ankerten wir jeden Tag um. Für die zweite Nacht, um den Internetempfang zu optimieren. Da näherten wir uns weiter an die Küste an. Am folgenden Tag kamen lokale Fischer mit ihren Pangas zu unserem Boot und warnten vor hohen Wellen, die der angekündigte starke Wind in der Nacht bringen sollte. Sie gaben uns zu verstehen, dass wir lieber weiter draußen ankern sollten. Solche Ratschläge sollte man immer befolgen. Die Fischer kennen ihr Revier und das lokale Klima. Wir fuhren also abends noch weiter raus, immer auf Wale achtend. Am neuen Ankerplatz waren wir in rd. 17 m Wassertiefe und brachten fast 100 m Kette aus. Da konnte man ruhig schlafen.

Mathias bei seinem Vortrag.

Auf der Fahrt aus der Bucht und gen Norden begleitetet uns mal wieder eine Gruppe Delphine. Oft bemerken wir das ja gar nicht, weil sie meist vorne um die Bugspitzen herumschwimmen. Je schneller das Boot segelt, desto mehr Spaß haben die Delphine. Man kann kaum sehen, wie sie sich bewegen, aber sie weichen mit Leichtigkeit und Eleganz den Bugspitzen aus, oder schwimmen mal quer, bevor sie abtauchen. Sicher werden wir auch von anderen Meeresbewohnern begleitet. Man kann das manchmal daran merken, dass der Tiefenanzeiger mitten in einem kilometertiefen Ozean plötzlich so 50 m anzeigt. Das ist dann ein Wal oder ein  Fischschwarm unter einem.  

Nach der Bucht Sebastian Vizcaino fuhren wir bis St. Quintin. Dort kann man zwar nicht an Land, aber geschützt ankern und, ja, das Internet ist wieder da. 🙂 Wir segelten einen ganzen Tag und die zweite Nacht durch, in der wir etwas zu früh ankamen. Die letzte Strecke mussten wir möglichst langsam vorankommen, damit wir erst nach Sonnenaufgang ankern konnten. Segeltechnisch passierte auf diesem Abschnitt nichts Besonderes, aber die Technik machte Spielchen mit uns. Wir hatten schon eine Weile den Eindruck, dass der Autopilot manchmal komische Ausschläge fuhr. Auf dieser Fahrt gingen plötzlich die GPS Daten verloren. Der Autopilot konnte noch relativ zum Wind steuern, aber Bootsgeschwindigkeit, Kurs und Position des Boots wurden nicht mehr angezeigt. Hinterher fanden wir heraus, dass man dem Plotter noch eine Reihe von anderen Quellen für seine GPS-Daten anbieten kann, aber in dem Moment waren wir erstmal ratlos. Das iPad hat Karten und eigenen GPS Empfang, wir waren also noch nicht ganz orientierungslos. Ein Aus- und Einschalten rettete uns zunächst. Das Ganze musste allerdings noch mehrmals angewendet werden. Als wir bei St. Quintin vor Anker lagen nahm Mathias sich das System deshalb vor. Es stellte sich heraus, dass die Antenne nicht genügend Satelliten sehen konnte (“nur” 6). Sie war aber auch recht verbaut unter dem Navigationstisch neben diversen anderen Geräten versteckt. Mathias holte die Antenne raus und brachte sie an einem neuen Ort an, gleich auch mehr in der Schiffsmitte. Nun kann die GPS-Antenne 12 Satelliten sehen, die Position viel genauer bestimmen und weitere Ausfälle bleiben uns hoffentlich erspart.

Bei St. Quintin verbrachten wir 2 Nächte. Wir wollten ein Starkwindgebiet vorüberziehen lassen. Es wehte dann auch mit bis zu 30 Knoten über uns hinweg. Kein Wind, gegen den man kreuzen möchte. Am nächsten Tag folgte die unvermeidliche Fast-Flaute. Wir segelten los, aber nicht sehr weit. Der Schwell war noch so hoch, dass die Wellen zwar lang waren, aber bis zu 4m in der Höhe reichten. Unten im Boot kam man sich wie in der Achterbahn (in Zeitlupe) vor. Einmal schaute man gegen eine Wand aus Wasser, dann war nur Himmel zu sehen. Das taten wir uns nur bis zur nächsten Insel an. Dort versteckten wir uns schon mittags vor dem Schwell.

Am Tag darauf hatte sich das Wasser beruhigt und wir fuhren in zwei Etappen bis in die Bucht bei Ensenada. Die erste Etappe führte uns an einen Ort, der Puerto Santo Tomas heißt, aber keinerlei Ähnlichkeit mit einem Hafen hat. Es gibt dort nur einen sehr kleinen Ort mit einer Sliprampe und ein paar Möglichkeiten für Panga-Boote. Der Ort selbst besteht aus wenigen Häusern und ein paar Wohnmobilen. Mobilfunkempfang wird durch die umliegenden Berge abgeschirmt. Und die ganze Bucht ist übersät mit Seetang. Zum Übernachten war es ok, aber empfehlenswert ist es dort nicht.

Nach einer sehr langsamen Tagesfahrt erreichten wir Ensenada. Das war Sonnabend abends. Wir gingen vor Anker und werden erst Montag in die Marina fahren. Am Wochenende kann man eh keine Formalitäten erledigen. Ensenada ist der letzte Hafen in Mexiko, hier müssen wir aus dem Land ausklarieren.

Nochmal Anmerkungen zum mobilen Internet:

Es mag komisch erscheinen, wie oft ich vom Thema Internet berichte. Die Jagd nach dem passenden Anschluss ist für uns ein Bestandteil der Reiseplanung. Ja, es gibt die Möglichkeit über Satellit ins Internet zu gelangen. Bisher ist mir aber noch kein System über den Weg gelaufen, mit dem dies zu einem guten Preis machbar ist. (Unter dem link aus einem der letzten Kommentare gab es keine Preisangaben.) Spätestens beim Kleingedruckten sind auch die unbeschränkten Datenmengen nicht mehr das, was sie ursprünglich versprachen. Ganz auf das internet zu verzichten, wäre natürlich auch eine Möglichkeit. Wir haben aber unsere Brücken in Deutschland nicht komplett abgebrochen, es werden also ab und an Entscheidungen fällig, auch online Banking nutzen wir und Mathias arbeitet ja noch für NXP. Außerdem ist es einfach schön, in Kontakt mit Familie und Freunden bleiben zu können. Auch superteure Systeme sind nicht unfehlbar. Ein Bekannter von uns hatte einen Satelliteninternetanschluss, der Zigtausend Dollar kostete und für rd. 1000 Dollar monatlich wurde konstanter Internetzugang versprochen. Er musste dann aber feststellen, dass seine kohlefaserverstärkten Segel die Antenne verschatteten und der Empfang nicht möglich war. Kurz, einigermaßen preiswert und in den meisten Gegenden auch recht gut, ist die Methode über lokale Telefonkarten und das Mobiltelefonnetz den Internetzugang zu gewährleisten. Weil die meisten Fahrtensegler sich dieser Methode bedienen, berichte ich gerne über gute oder schlechte Verbindungsmöglichkeiten. Es wird auch zu einer Art Sport, den Funkmast als erster zu entdecken 😉 In Gegenden wie Baja California kann diese Suche schon mal zu einer echten Aufgabe werden. Besonders wenn es auch noch verabredete Termine einzuhalten gibt. Allerdings hat das Ganze auch gute Seiten. Wir wären normalerweise wie die meisten anderen außen an der Bahia Sebastian Vizcaino vorbeigefahren. Dadurch dass es hier aber den einzigen guten Internetspot weit und breit gibt, hielten wir dort an. Die Bucht beherbergt um diese Jahreszeit viele Wale. Sie schwammen dicht an unserem Boot vorbei und es war schön, sie zu beobachten.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Sabine Zöchling

    Super die schönen Bilder, der Bericht und der kleine Film. Toll, dass Ihr endlich mal so richtig voran kommt!
    Alles Liebe Sabine

  2. Helmut Meyer

    Hi Birte @ Mathias,
    lese Eure Berichte stets mit großem Interesse und “genieße” die Bilder …!
    Wäre ich doch zu gern dabei – vielleicht wird das ja noch mal was …
    Zunächst hoffe ich, dass Ihr von den US-Behörden ok für die Unterquerung der Golden Gate Bridge bekommt – ggf. Biden anrufen … und später dann von den Kanadiern grünes Licht für Vancoucer erhaltet …
    Irgendwann werdet Ihr – je weiter nördlich – von der Kälte genug haben und Euren Kurs gen Süden richten ..
    Ich werde ja erfahren, wenn Ihr von Norden die Küste herunterkommend wieder zurück in Mittelamerika zu erwarten seid …
    Mir bekannt – noch ne Weile hin, aber … Zum Thema Internet und warum so wichtig ==>> wie ist der Internetzugang beim Kurs >180 bis 270 Grad bei ein paar Wochen Horizont frei von Land auf Eurem Weg die 5.512 km von den Galapagos nach Pukapuka, Frz. Polynesien (später dann zum zum Tuamotu Atoll) im Mare Pacifico angedacht? Wie ersichtlich — Ich gehe fest davon aus, dass Ihr bereits den Panama-Kanal, etc. unabänderlich als abwegige Gedanken aus Eurem Reiseplan verbannt habt …. Schon mal anzumelden ==>> auch ich werde jenseits der Galapagos unterwegs einen guten internetzugang benötigen … zwecks Trading des Dax, Dow, usw …
    Mathias … streng Dich an …
    So long@short
    Yours – Helmut

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