Von Italien nach Griechenland
In der Bucht von Cugnana, Sardinien, war genug Zeit vergangen, dass wir dem erneuten Aufbruch entgegenfieberten. Es war wieder ein Wochenende und der Ankerplatz füllte sich. Da ist es oft so, dass die Boote zu dicht ankern. Das macht zwar nichts, wenn sie nur zum Baden kommen, bleiben sie aber länger, müssen die Abstände auch für eine andere Windrichtung passen. Als neuestes Gadget haben wir ein Messgerät, das für Abstandsmessungen beim Golfspielen verkauft wird. Damit kann man die benachbarten Boote anpeilen und per Laser genau ausmessen, ob sie einem zu dicht auf die Pelle rücken. 😉
Wir brachen am späten Nachmittag auf. Der ursprüngliche Plan, mit der SAN den Hafen von Olbia anzulaufen, hatte sich zerschlagen, da dort ein Event stattfand, für das die öffentlichen Anleger gesperrt wurden. Also stellten wir uns doch wieder auf Nachtfahrten ein. Die Tour sollte uns von Flaute bis Windstärke 9, in Böen 10, alles bieten, das konnte man der Wettervorhersage so nicht entnehmen.
Es gab oft nur wenig Wind, so hatten wir die langsamste Tour bisher. Mehrere Tage mit Etmalen unter 100 Seemeilen. Aber unser All-time-low Etmal* von 53,7 nm unterboten wir trotzdem nicht, wenn auch nur knapp (57,5). Dafür hatten wir mit den schlimmsten Wind, den wir bisher auf See erlebt haben. Wir wollten nicht außen um Sizilien herumfahren, um nicht in Gewässer zu geraten, in denen man Flüchtlingsbooten begegnen kann. Als relativ kleine Yacht könnte man ja keine 30 Personen in Seenot aufnehmen. Die Verhaltensregel in solchen Fällen besagt, dass man in der Nähe warten solle und Hilfe anfordern solle. Alles in Allem keine Situation, in die man geraten möchte.
(*Etmal = Strecke, die ein Schiff innerhalb von 24 Stunden zurücklegt.)
Während einer absoluten Flaute (wir trieben, aber nicht in eine gute Richtung) wollten wir trotzdem keinen Diesel verbrauchen. Beide unabhängig voneinander überlegten, ob wir nicht den Elektromotor einsetzen könnten, um das Boot wenigstens irgendwie auf Kurs zu halten. Mathias begann dann, eine Halterung für den Motor zu basteln, die wir hinten auf einem der Außenrümpfe befestigen wollten. Das entwickelte sich zu einer längeren Bastelaktion. Währenddessen kam wieder ein wenig Wind und dann noch ein wenig mehr, so dass wir die Konstruktion nicht zu testen brauchten. Bei der nächsten Flaute sind wir nun gerüstet! 🙂
Sizilien kommt in Sichtweite:
Wir fuhren zur Meerenge bei Messina zwischen dem Stiefel von Italien und Sizilien. Kurz bevor wir dort einbogen, kamen wir in ein Gebiet, in dem High-Speed-Fähren verkehren. Die fahren 30-35 Knoten schnell, tauchen entsprechend plötzlich auf und sind schnell ganz nah. Irritierend war zudem, dass es davon viele gab. Sah man gerade eine am Horizont verschwinden, tauchte auch schon die nächste auf, die in die andere Richtung fuhr. Einmal fuhren an unserem Bug und am Heck gleichzeitig welche vorbei. Wir waren froh, dass wir im Hellen dort entlangfuhren, so konnten wir besser gesehen werden und sehen.
Die Meerenge ist an der nördlichen Stelle nur gut eine Seemeile breit. Durch den regen Schiffsverkehr und die Strömung brodelt das Wasser dort und man muss gut aufpassen. Obwohl es ein Verkehrstrennungsgebiet ist, dödelte ein Dinghy kreuz und quer vor sich hin. Für so ein Boot braucht man halt keine Fahrerlaubnis.
Während wir durch die Meerenge fuhren, ging die Sonne unter und eigentlich hätte ich zu Bett gehen müssen. Ich blieb erst noch mit wach, um auf andere Schiffe zu achten und die AIS Alarme auszuschalten, die auch piepsten, wenn die anderen Boote zwar in der Nähe waren, aber stationär in Hafen lagen. Wir hatten nur auf dem kleinen Bildschirm des Funkgeräts die AIS Symbole. Das VHF/AIS-Gerät wurde von den Plottern nicht erkannt.*
* (Dieses Problem wurde inzwischen von Mathias wieder behoben. Er ist immer gut beim Lösen elektronischer Probleme, doch während der Fahrt bestand das Handycap.)
Dann versuchte ich zu schlafen, doch es wackelte ziemlich. Als es dann auch noch sehr schräg und laut wurde, war an Schlaf nicht zu denken und ich stand wieder auf.
Das war passiert: In der Meerenge entwickelte sich ein Düseneffekt und der Grundwind stieg auf 35 Knoten an. Wir hatten 3 Reffs und die Fock plus Motorunterstützung, eigentlich also kein Problem. Aber es gab zusätzlich noch Böen. Mathias hatte zu viel abfallen müssen für seinen Geschmack und wollte zurück an das östliche Ufer. Deshalb war er an den Wind gegangen und wir bretterten eine Weile gegenan und in die Welle. Ich beobachtete den Windmesser, der immer wieder über 40 Knoten zeigte und ein paarmal bis 51,3 Knoten maß. Gut, das kann beim Runterfahren mit der Welle passiert sein, aber es herrschten Böen in Windstärke 10 und das über einen längeren Zeitraum — kein gutes Gefühl!
Beim erneuten Ablaufen vor dem Wind wurde unser Turbo vom Motor ordentlich durchgepustet 😉 , denn wir liefen volle Kraft, um den scheinbaren Wind unter 40 Knoten zu halten. Gegen 23 Uhr hatten wir es um die Ecke geschafft und der Wind pustete nur noch mit 7 Knoten. Da kann man dann schon schlafen. Allerdings verschoben wir den Wachwechsel von 24 Uhr auf zwischen 3 und 4 Uhr. Mathias war aufgekratzt genug, um noch weiter durchzuhalten. Durch diese Meerenge fahre ich nicht nochmal bei viel Wind, schon gar nicht in die andere Richtung.
Am nächsten Tag hangelten wir uns noch eine Weile an der Küste entlang, dann bogen wir ab Richtung Griechenland, setzten einen Spi und machten gute Fahrt. Der Wind schwankte in Stärke und Richtung und auch unser Autopilot zickte rum und fiel ab und an kurzfristig aus. Das hieß, man musste immer gut aufpassen. Aber der Wind blieb moderat, meist so 10 Knoten, manchmal bis 18 hoch oder bis 7 runter. Auf einem tiefen Kurs ein angenehmes Segeln.
Das Setzen und Bergen des Spis geht leichter von der Hand als früher. Bei den 8-9 Knoten Wind haben wir nur 23 Minuten gebraucht für bergen, Restsegel in die Tüte stopfen, Segel ins vordere Schapp einfädeln und Schoten aufnehmen und verstauen. O.K., mit dieser Zeit würde Boris Herrmann uns wahrscheinlich nicht mitfahren lassen, aber wir waren ganz zufrieden. Eine Umlenkrolle an der Einholeleine hilft beim Runterziehen des Bergeschlauchs. Während der Käpt’n bei dieser Aktion wenig vorbildlich in Unterhöschen übers Deck hüpft, nähere ich mich den Monstersegeln nach wie vor nur mit Schuhen, Handschuhen, Helm und Rettungsweste bewaffnet. Allerdings stehe ich auch vorne und hol das Ding runter und er ist im Steuerstand.
Kämpfen müssen wir da schon eher wieder mit der Hitze. 30°C tagsüber sind normal, nach dem Setzen des Spis mussten wir unter die Dusche. Dafür sind die Batterien immer voll und das Wasser heiß 🙂 . In Griechenland sollen 35° sein. In Teilen gab es gerade eine Hitzewelle mit 45° und 60° in der Sonne am Mittag. Da muss man Siesta halten und viel trinken. Einige Touristen kamen um, weil sie über Mittag wandern waren. Das klingt fast so wie in Mexiko. Ich denke, wir müssen uns schöne Buchten suchen und immer auf eine leichte Brise über dem Meer hoffen. Solche Orte soll es ja genügend viele in Griechenland geben. Wir sind gespannt.
Angekommen sind wir zunächst in Kofalonia. Ausgesucht, weil es einen Lidl gibt (Quark 😉 ). Den nächsten Ort werden wir nach Direktflugmöglichkeiten nach Hamburg aussuchen und danach können wir schauen, wohin uns der Wind so treibt…..
Dieser Beitrag hat 6 Kommentare
Ihr Lieben,
habt vielen Dank für die tollen Bilder und spannenden Berichte.
Liebe Grüße
Franz und sabine
Lidl hat die schleichende Weltherrschaft errungen. Hier in Frankreich findet man bis in den letzten Winkel. Griechenland ist also auch schon besetzt. Hat auch seine guten Seiten (Mohrenköpfe) 😀
Genau! Und Quark!!!
Hey Mathias,
Nice pictures! Cannot comment more because I cannot identify a single German words. But no matter how difficult to do the carpentry stuff, you need to wear something 🙂
Oh hi, how good the hear about you!
There is an English version of the blog as well, you just need to select it at the top level as blog/en rather than blog/de.
This is the English version:
https://trimaran-san.de/en/dawdling-through-the-mediterranean/
And rest assured, I am always wearing something, but the heat means that you take a minimalistic approach to this… 🙂
Cheers, Mathias
Yes, you do implement the English version. Nice!
Guess you can try live broadcast, it is very popular in China. 🙂
Cheers,
Yongbo