Jetzt habe ich so viel von einzelnen Erlebnissen berichtet, dass die Balance mal wieder zurecht gerückt werden muss. Es gibt auch “Alltag im Paradies” nicht nur Urlaubserlebnisse. Auf den Punkt gebracht hat das sehr schön Sönke Roever, als er sein Buch von der Weltumsegelung “1200 Tage Samstag” nannte. Die Zeit auf einer Langfahrt ist tatsächlich ein Zwitter aus Urlaub und Arbeit mit vielen Alltagstagen in der Mischung, vergleichbar nicht mit einem Hotelaufenthalt mit Vollpension sondern eher mit einem Urlaub in einer Ferienwohnung, bei der man, um es preiswerter zu gestalten, zugestimmt hat, auch als Animateur und Hausmeister zu fungieren.
Um Euch einen kleinen Eindruck zu verschaffen, habe ich mal ein paar Fragen und Aufgaben zusammengestellt, die uns immer wieder auf Trab halten:
- Muss der Wassermacher heute laufen?
- Wollen wir Brötchen zum Frühstück? – Gut, dann setze mal einen Teig an.
- Ist genügend Sonne, um den Solarofen zu benutzen?
- Ist genügend Wäsche, Sonne (für den Strom), Wasser da, um die Waschmaschine laufen zu lassen?
- Solarakkus der kleinen Lampen in die Sonne stellen.
- Müssen die Bäder mal wieder geputzt werden?
- Muss die Bettwäsche gewechselt werden, oder ist die Geruchsgrenze noch nicht erreicht?
- Sollte man duschen, weil es gerade warmes Wasser gibt, nachdem der Motor gelaufen war?
- Reicht es, den Boden zu fegen, oder ist es an der Zeit, mal wieder die Höllenmaschine (Dampfsauger) raus zu holen?
- Was wird gekocht? Fertiggerichte gibt es nicht, auch Pizza muss mit selbstgemachten Teig zubereitet werden. Schnell geht es in der Küche nur, wenn sich genügend Reste angesammelt haben. 🙂
Mache ich den Abwasch jetzt, oder gönne ich mir noch ein Viertelstündchen?
- Wie wird der Wind?
- Hält der Anker?
- Gibt es ein Gewitter?
- Tsunami Warnung?
- Wie sieht der Bewuchs am Rumpf aus? Muss man raus und schwimmend säubern?
- Ist es an der Zeit, mal wieder zu Schraube, Ruderblatt und Stummelkiel zu tauchen und mit den Seepocken zu kämpfen?
- Ist das Dinghy angeschlossen? Muss es hochgeholt / zu Wasser gelassen werden?
- Kann man hier an Land kommen?
- Gibt es an Land Einkaufsmöglichkeiten?
- Kann man an Land den Müll los werden?
- Gibt es Internet über Mobilfunktürme?
- Ist unsere Prepaidkarte noch aufgeladen?
- Wo bekomme ich eine lokale SIM Karte?
- Welche Einreisebedingungen gibt es?
- Wo kann ich etwas kopieren lassen / ausdrucken?
- Maschinen kontrollieren, Filter wechseln
- Takelage kontrollieren
- Kleine und größere Reparaturen ausführen
- Solarzellen und Batteriestand überprüfen
- Bleibt Zeit, Bilder zu bearbeiten, Blogbeiträge zu schreiben und am Internet zu bearbeiten, sich für ein paar Stunden an den großen Bildschirm im Steuerbordrumpf zu verziehen, um ein Video zu editieren?
- E-Mails beantworten
- Kommentare und Anfragen beantworten
- Interessiert sich jemand für die AnkerApp? (Hierbei kann das Statistiken lesen auch übertrieben werden.)
- Kontostand und Kreditkartenabrechnungen überprüfen
- Mit Freunden und Verwandten telefonieren
- Endlich mal die letzten Unterlagen und Dinge vernünftig abheften und verstauen
- Die verschiedenen Segel-Chat-Gruppen überfliegen und bloß nicht überall mitreden.
- Um die Arbeit für NXP kümmern
- Telefonkonferenzen zum Thema Hausverwaltung
- Immer mal wieder an der Steuererklärung arbeiten
- Tagebuch schreiben
- “Hol mal schnell die Kamera!” – sonst gibt es keine Blog-Bilder und keine Videos
- Woher und wie bekommt man Ersatz für kaputte Teile, die sich nicht in unserer Ersatzteilesammlung befinden?
- Gibt es etwas Nettes zum Fernsehen in der Mediathek?
- Können wir jetzt schon ins Bett gehen, oder müssen wir bis “Sailor’s Midnight” (21 Uhr) warten? (Frische Luft macht müde.)
Und beim Segeln:
- Windvorhersage
- Sollen wir reffen? – Immer dann, wenn Birte Angst bekommt, oder es ihr zu schräge wird.
- Welche Segel setzen wir?
- Wie weit kommen wir?
- Schaffen wir es im Hellen zur nächsten Ankerbucht?
- Wo soll es überhaupt hingehen?
- Eintragungen ins Logbuch
- Rundumblick
- Andere Schiffe in der Nähe / auf Kollisionskurs?
- Kurs halten
- Wassertiefe beachten
Weiter geht’s in Costa Rica
Von unserem Erlebnis nahe der Isla Caballo berichtet Mathias:
Wir ankerten bei Isla Caballo (09º 58.60′ N, 084º 58.19′ W) in Costa Rica in einem kleinen Kanal zwischen dieser Insel und dem Festland – was für ein Alptraum. Zuerst war der Anker wirklich schwer zu setzen. Wir haben mehr als eine Stunde gebraucht. Ich schätze, starke Strömungen bis zu 4 kn und nur eine dünne Sandkruste über dem Felsen waren schuld. Dann, als es Nacht wurde, hörte ich seltsame Geräusche von der Ankerkette… Ich ging nach draußen und sah etwas Seltsames, das sich von unserem Boot aus nach hinten erstreckte, leicht fluoreszierend, was ihm einen geisterhaften Touch gab. An der Ankerkette entdeckte ich, dass sich ein Fischernetz verheddert hatte. Offenbar sind die Fischer in kleinen Booten unterwegs und ziehen ein sehr langes Netz mit Schwimmern und einem pulsierenden Licht am Ende des Netzes. Damit fischen sie in der starken Strömung und fegen mehr oder weniger über die gesamte Breite des Kanals. Und dieser Bursche hatte sein Netz nicht wirklich unter Kontrolle, oder er hat uns nicht gesehen, trotz der vielen Lichter, die wir an hatten. Dann ging der Ankeralarm los. Der kombinierte Widerstand des langen Netzes in der starken Strömung, der Motor des Fischers und der Winddruck auf unser eigenes Boot waren zu viel für den schlechten Ankergrund. Also entschied ich mich in leichter Panik, das Netz zu kappen. Dann setzte ich den Ankeralarm zurück und holte meine Luftpistole und meinen Taser heraus, für den Fall, dass ich Streit mit den Fischern bekommen würde. Bald kamen sie auf der Suche nach ihrem Netz und schrien von einem Boot zum nächsten, aber sie störten uns nicht. Ich beschloss, auf der Ankerwache zu bleiben, was sich als ziemlich nützlich erwies. Um fast 3 Uhr morgens verfingen wir uns in einem weiteren Netz. Da ich mittlerweile ein professioneller Netzschneider bin, beobachtete ich den einzelnen Fischer ein paar Minuten bei seinen Bemühungen, es zu befreien, aber er hatte keine Ahnung, was er tun sollte und fuhr schließlich mit seinem Boot davon. Dann nahm ich wieder mein Messer, das noch offen und einsatzbereit auf dem Cockpittisch lag… Auch dieser Kerl kam nicht mehr zurück. Ich beobachtete dann für den Rest der Nacht ein weiteres dieser blinkenden Lichter, das sich uns langsam näherte, aber bevor es das tat, wendete sich die Flut und es begann wegzutreiben… Was für eine Nacht! Wir liefen im Morgengrauen unter Segel aus, als die Flut noch schwach war und wir den Motor nicht zum Einholen des Ankers benutzen mussten und die Ankerwinde die Arbeit machen lassen konnten, da ich nicht sicher sein konnte, ob sich Netzteile in der Schraube vertüddelt hatten. Später am Tag tauchte Birte zum Propeller hinunter, um zu sehen, ob alles in Ordnung war. Und das war es! 🙂 Keine Schäden rund um das Boot, außer Schmutzspuren von den verschiedenen Netzen. Unterm Strich kann ich nicht wirklich empfehlen, dort zu ankern, zumindest nicht für die Nacht… 😉
Und danach muss man wieder an Bord klettern 😉
Einen Schnorchelversuch unternahmen wir bei der Insel Cabuya.
Nach ein paar schönen Segeltagen mit nicht so schönen Ankerorten landeten wir in der Bucht Samara. Zwar wie alle hier an der Küste auch ein Surferort, aber ein Riff sollte vor dem schlimmsten Schwell schützen. Hier wollten wir ein wenig bleiben, um die oben erwähnten Alltagsaufgaben anzugehen.
“Ist ja auch gefährlich.” – “Hätte man besser hinkriegen können.” – Oder einfach nur: “Shit happens!” ?
Zwei Tage, zwei Missgeschicke. Das erste betraf unsere Flugdrohne, das zweite unser Dinghy. Mathias hat schon gute Übung als Drohnenpilot, sogar das Starten und Landen während der (langsamen) Fahrt war uns schon gelungen. Aber manchmal macht die Technik, was sie will. Es gab Verbindungsprobleme zwischen der Fernbedienung und der Drohne. Nachdem gerade die Meldung piepste, dass nun alles gut eingestellt sei, wagte Mathias den Start. Die Drohne fing an abzuheben, kippte aber plötzlich um und stellte sich auf den Kopf. Leider war nicht mehr genügend Platz, die Fluglage zu korrigieren. Zu schnell war die Wasseroberfläche erreicht und die Drohne plumpste ins Wasser. Als U-Boot ungeeignet sank sie in die Tiefe, die hier 10 m betraf – keine Chance, etwas zu retten. Interessanterweise gibt es für solche Fälle sogar eine Versicherung, die wir hatten. Nur, sie gilt nur ein Jahr lang und war damit schon abgelaufen. 🙁
Die Samarabucht gehört zu den Surferparadiesen. Für Dinghyanlandungen also nicht gut geeignet. Wir starteten trotzdem einen Versuch, schließlich war das Eis alle. Ganz am Rand der Bucht hinter einem Riff war die Brandung nicht ganz so hoch. Mathias setzte mich dort ab, ohne ganz an den Strand zu fahren. Das funktionierte. Nur auf dem Rückweg hatte ich den Eindruck, er fuhr schon wieder auf den Strand zu und er dachte, ich hatte mir schon eine Stelle ausgesucht, so dass wir nicht wieder an derselben Stelle landeten. Hinzu kam, dass es Hochwasser war. Ich brachte Mathias zwei Taschen durch die Brandung ins Dinghy und wollte nochmal los, wieder in den Ort. Mathias drehte um und konnte schon den Motor benutzen, war aber nicht schnell genug. Es kam ein Brecher angerauscht, das Dinghy stellte sich fast senkrecht, drehte sich auf die Seite und kippte um. Kiel oben trieb es in der Brandung. Mathias war nichts passiert. Drei Schwimmer kamen zu Hilfe und mit vereinten Kräften schafften sie es, das Dinghy wieder aufzurichten. Ich gab meinen Plan auf und kam lieber wieder mit zum Boot zurück. Die Schwimmer schoben uns durch die Brandung und wir konnten zurück rudern. War ja nochmal gut gegangen. Aber halt! Der Motor hatte kopfüber im Wasser gesteckt! Benzinmotor und Salzwasser – keine gute Kombination. Mathias spülte zunächst mit Süßwasser und dann ging es ans Trocknen. An Zündkerzen und Vergaser kam man im Dinghy nicht heran. Da wir ein System entwickelt hatten, den Motor mit dem Toplift an Bord zu hieven, hatten wir ihn schnell an Deck. Mathias hatte beim letzten Mal dem Techniker zugeschaut und wusste nun, wo er schrauben musste. Mathias war eine Weile beschäftigt.
Dann bauten wir den Motor wieder am Dinghy an und machten den ersten Startversuch – weißer Rauch. Gut, das könnte Wasserdampf sein. Nicht aufgeben, weiter trocknen lassen und später nochmal versuchen. Das nächste Mal dasselbe Ergebnis. Erst am Abend des nächsten Tages sprang der Motor dann wieder an! Da fiel uns schon ein Stein vom Herzen. Wir ließen ihn eine Dreiviertelstunde laufen, kontrollierten den Ölstand und konnten ihn am folgenden Tag wieder voll einsetzen. Diesen Ausflug machten wir aber bei Niedrigwasser und ich stieg vor der Brandung aus. Auch auf dem Rückweg lief ich Mathias entgegen, so dass wir nicht noch einmal die großen Brecher riskierten. So weit, so gut. Nur noch aus brusttiefem Wasser ins Dinghy einsteigen – für mich eine sportliche Herausforderung. Mithilfe einer Leine, die auf der einen Seite zum Festhalten beim Hochziehen diente und auf der anderen Seite eine Trittschlaufe im Wasser bot, schaffte ich es mich hochzuziehen, landete aber in einer komischen Stellung Nase zuerst auf dem Dinghyboden. Ein Vorgang mit viel Potential für Verbesserungen. 😉
Am nächsten Tag riss die Serie der kleinen Katastrophen noch nicht ab. Diesmal überfiel uns eine Mini-Fliegen-Plage. Seit einiger Zeit hatten wir Ansammlungen von so 2-3 mm großen Fliegen am Heck. Allmählich wurden es immer mehr und sie wanderten weiter in das Schiffsinnere. An diesem Abend konnte man die LED Leuchten in der Küche nicht anmachen, weil sich darunter dann sofort eine windhosenförmige Ansammlung von kleinen Fliegen formierte, die bis in die Lebensmittel hinunter reichte. Ich wechselte über auf eine Stirnlampe und Mathias versuchte, möglichst viele Fliegen mit dem Staubsauger aufzusaugen. Wir beschlossen, am nächsten Morgen weiter zu segeln, dann werden sie vielleicht über Bord gepustet. Aber darauf brauchten wir nicht mehr zu warten. Abends gab es wieder Strandparties hier mit Lagerfeuer. Der ablandige Wind blies den Rauch kräftig über unser Boot und die Fliegen wurden ausgeräuchert!
Papagayo – Winde
Trotzdem fuhren wir am nächsten Morgen ab – denn auch wir atmeten ja die ganze Nacht den Rauch ein. Die Küste blieb Surferland, der Wind wurde von der Thermik bestimmt, war mit 10-15 Knoten von der Seite ideal zum Dahinzischen. Ich saß im Außenbereich am Tisch am Rechner und arbeitete an Blogbeiträgen, als sich das Boot mit einem Mal sehr schräg legte und der Wind extrem zunahm – auf über 30 Knoten! Mathias meinte später, er habe eine Windkante sehen können, dass es eine Kante zu den Papagayo-Winden war, war uns vorher nicht bewusst geworden. Ich sprintete mit Handschuhen ausgerüstet nach oben zum Steuerstand und guckte, was ich helfen konnte. Wir fingen rasch an, das Segel zu reffen – erst zwei dann doch lieber 3 Reffs. Danach wollte Mathias auch die Genua wegnehmen und durch die Fock ersetzen – ein Zeichen, dass recht viel Wind blies! Beim Lösen der Genuaschot rauschte sie ab. Zum Glück hatte ich die Handschuh an, so verbrannte nur ein Stückchen Haut am freien Zeigefinger. Mit drei Reffs, der Fock und Motorunterstützung zum Kurs halten ging es weiter. Damit war wieder alles im Griff. Das Ankern in der Bucht dauerte etwas länger als normal. Wir brachten auch den Hahnepot an. Jetzt dürfte der Anker bis 35 Knoten Wind noch waagerecht bleiben (laut App). Wir ankerten wie immer etwas weiter draußen. Um dichter an den Strand zu kommen, müsste man noch mehr Riffe umschiffen. Als wir schon gut gesichert waren, sahen wir noch 6 weitere Schiffe ankommen und das Ankerfeld vor der Stadt voll parken. Die einheimischen Katamarane fuhren bei der Anfahrt einfach über die Riffe hinweg. Wir fühlten uns an unserem Ankerplatz gut aufgehoben und waren froh, nicht in dem Ankerfeld zu stecken, wo man sich bei viel Wind immer fragen muss, wie gut die anderen Boote befestigt sind und ob der Abstand zu ihnen ausreicht.
Die Papagayo-Winde sind ein Windphänomen, das entsteht, wenn kalte Hochdrucksysteme vom Nordamerikanischen Kontinent auf warme feuchte Luft über der Karibik und dem Golf von Mexiko treffen. Dabei entstehen kräftige Winde, die vom Land abgelenkt werden, aber es gibt drei Stellen in Mittelamerika, an denen der Wind rüber schwappt und düsenartig in den Pazifik bläst. Wir hatten schon davon gehört und abgespeichert, dass wir darauf achten müssen, bevor wir nach Mexiko aufbrechen. Dass der Effekt schon im Norden von Costa Rica auftreten kann, hatten wir noch nicht verinnerlicht. Und wie es dann so ist, an dem Tag, an dem wir davon überrascht wurden, hatten wir morgens nicht noch einmal die Wettervorhersage heruntergeladen. In den echten Papagayo Gebieten können die Böen schon mal 50 Knoten stark sein (wird zumindest in den Seglergruppen berichtet), die kleine Erinnerung an uns, die Vorbereitungsstandards nicht absinken zu lassen, war wohl ganz gut.
Das Foto ist ein Screenshot von einer Windböenvorhersage. Oben rechts ist Florida zu erkennen. Das große rote Kreisgebiet ist der Golf von Mexiko. Der kleine weiße Kreis zeigt, wo wir gerade sind. Das rote Windgebiet direkt vor uns sind die Papagayo Winde. Das nächste fast schon schwarze Windgebiet ist ein ähnlicher Effekt, der aber in Mexiko stattfindet. Dort heißen die Winde Tehuano-Winde und fegen über den Tehuantepec Golf hinweg. Als kleines Segelboot hat man kaum eine andere Wahl als abzuwarten, bis sich ein Wetterfenster ergibt, in dem diese Winde gerade nicht entstehen. Ist man unter Termindruck, sollte man möglichst küstennah durch die Gebiete fahren, denn je weiter man draußen ist, desto mehr haben sich die Wellen aufgebaut und zum Sturm kommt auch noch schwerer Seegang hinzu. Und spätestens dann macht das Segeln keinen Spaß mehr, selbst für Leute, die glauben 50 Knoten Wind seien nicht gefährlich. Die dritte Stelle, wo Wind von atlantischen Systemen in den Pazifik rüberschwappt, ist in Panama am Kanal. Das haben wir zwar miterlebt, als wir dort waren, aber die Windstärken hielten sich dort in deutlich niedrigeren Grenzen.
Papagayo-Winde heißt auch, dass es in geschützten Buchten immer mal wieder kräftig über einen hinwegfegt. Böen bis 40 Knoten hatten wir am Anker liegend. Dann gibt es auch entsprechende Wellen, das Wasser köchelt und es ist gut, nicht zu weit vom Ufer entfernt zu liegen. Wir hielten uns ein paar Tage in der Bahia Culebra auf. Dort ist die Marina Papagayo, heißt wohl so, weil man dort abwarten kann, bis sich die Papagayo-Winde legen, oder weil die Gegend “Golfo de Papagayo” heißt. Jedenfalls wollten wir noch nicht in die Marina fahren, sondern erst wenn wir auch aus Costa Rica ausklarieren wollen. In der Bucht gibt es aber nicht viel außer der Marina selbst. Ein Ort mit Supermärkten ist etwas weiter südlich “Playas del Coco”. Der war aber auf unserer Karte gar nicht als Ort verzeichnet und deshalb waren wir bis in die Culebra Bucht gefahren. Dort fühlten wir uns nicht so wohl. Neben den Böen nervten etliche “Smoker” (= Jetskifahrer. Sie werden im Film “Waterworld” von den Smokern gefahren und das sind die Badies, die gegen die Goodies kämpfen. Die Goodies im Film fahren einen coolen Trimaran.) Eine dieser Smokers fuhr erst neben uns und dann ganz knapp vor unserem Bug vorbei, als wir gerade umankerten. Ich musste Gas wegnehmen. Die Dame hatte mit Sicherheit noch nichts von Bremswegen auf dem Wasser gehört. So ein Jetski kippt wahrscheinlich von jetzt auf gleich um und hält so an. Wär das beim Kreuzen unseres Weges passiert, hätte ich die Frau mitsamt Kind überfahren müssen. Ja, ich entwickle gerade ein Feindbild. Die Jetski machen für Außenstehende einfach keinen Spaß, sie stinken und lärmen und man muss aufpassen, nicht überfahren zu werden. Sie fahren meist dicht um einen herum und erzeugen ordentlich Sog- und Wellenschlag. 🙁
Aber gut, wir sind inzwischen in die Bucht bei Playas del Coco umgesiedelt, dort ist es auch schaukelig und es gibt Papagayo-Böen, aber es gibt den Ort an Land zu entdecken. Im Ankerfeld sind noch andere Boote und bisher nur zwei Smokers in Sicht.
Bevor wir aus der Culebra-Bucht abfahren konnten, gab es noch ein Problem: Als noch 35 m Kette draußen waren, stockte es plötzlich und statt dass der Anker hoch kam, neigte sich der Bug zur Wasseroberfläche! Da war offensichtlich etwas verhakt. Eine Stunde lang fuhren wir Kreise und hin und her. In Gedanken fragten wir uns schon, ob es in der Marina Papagayo einen Taucher geben würde. Die Wassertiefe war 12 m, das ist zuviel für uns ohne Tauchausrüstung. Außerdem war auch noch Karfreitag, ist da überhaupt jemand greifbar? Doch das Glück war mit uns. Nach dem vielen Drehungen ließ sich die Kette erst ein Stückchen bewegen und mit weiteren Tänzen schließlich kam der Anker hoch. Es hing noch ein dickes Tau straff gespannt über dem Anker, was da wohl auf dem Grund gelegen hatte?
Die nächste Zeit verbringen wir mit Warten. Warten, dass der Papagayo-Wind sich legt, warten auf die Ankunft von zwei Paketen, hoffen, dass sie überhaupt ankommen. Vielleicht noch einen weiteren Nationalpark besuchen. Der liegt weiter inland, dafür müssen wir herausfinden, wie man hinkommen kann und wo das Boot sicher liegen kann, um es alleine zu lassen.
Von Erfolg und Misserfolg werden wir Euch wieder berichten.
Dieser Beitrag hat 14 Kommentare
Wow, das war ja mal wieder aufregend.
Euch weiterin viel Glück!
Ja, in der Tat! Danke Dir! LG, Mathias
Wer reist erlebt was. Das fehlt uns hier bestimmt allen sehr. Zum Glück können wir Reiseberichte lesen. Sehr spannende! Sehr schöne! Und was ihr so alles bedenken müsst…. eure Liste war ja endlos!!! Mitleid hab ich nicht! Haha🤣
Ein Kompliment zu eurer Tochter. Tolle Stimme!!
Bin gespannt auf eurer nächsten Erlebnisse. Pechsträhne- Vergangenheit!!!
Lg. Micheline
Hallo Micheline,
Eure to do Liste in Deutschland ist bestimmt eben so lang. Ich wollte nur mal aufzeigen, dass es auf einem Boot auch so etwas wie Alltag gibt. Er ist halt nur anders. Aber verglichen mit dem Corona Wirrwarr, das gerade in Deutschland abläuft, ergeht es uns in Costa Rica richtig gut.
LG Birte
Immer wieder interessant von Euren Erlebnissen zu lesen. Jeder Tag birgt neue Überraschungen :-). Euch weiterhin viel Spaß und Glück bei Euren Unternehmungen. Grüße Andreas
Danke! Manchmal könnte man auf die eine oder andere Überraschung verzichten… 😉 Momentan wieder Hafen / Ankerkino. Ein Franzose versucht zu ankern, will aber nicht zu viel Kette spendieren, scheint es… 😉 LG, Mathias
über Langeweile könnt Ihr Euch ja wirklich nicht beklagen – weiterhin viel Spass und viel Glück!!
Werner
Nope! In der Tat! 🙂 LG, Mathias
Nachdem ich jetzt schon eineinhalb Jahre diesen Blog lese und meine Frau auch schon infiziert habe muss ich auch mal einen Kommentar abgeben.
Toll, dass Ihr uns an Euren grossartigem Abenteuer teilhaben lasst und wir in diesen COVID Zeiten zumindest in Gedanken ein wenig mit Euch reisen können. Wenngleich ich mir bei dem ein oder anderem Erlebnis schon ein wenig Sorgen um Euch gemacht habe. 😉
Schade, dass es die Drohne erwischt hat. Habt ihr schonmal etwas von CopterGUARD gehört? Ist wohl so was wie ein Airbag, damit die Drohne bei Wasserlandung nicht zum UBoot wird und einfacher wiedergefunden werden kann. Vielleicht eine Überlegung wert, bei Eurem Einsatzgebiet. 🙂
(https://www.welovedrones.de/copterguard-die-schwimmweste-fuer-drohnen)
Viele liebe Grüße,
Thomas
Hallo Thomas, vielen Dank für diesen Tipp! Wenn wir wieder in einem Land sind, wo die Einfuhrzölle nicht so hoch sind (Costa Rica 40%), dann werde ich versuchen, eine neue Drohne zu bekommen. Und so eine Schwimmweste macht dann sicherlich Sinn. Ich hatte vorher nicht gedacht gehabt, dass eine Drohne einfach so seitlich abschmieren würde. Technisches Versagen. Scheint aber häufiger vorzukommen…
VLG, Mathias
Billiger ist, zwei (aufgeblasene) Luftballons an die Drohne anzubammeln. Auf farbliche Stimmigkeit dabei achten.
Und diese Luftballons kommen dann in die Propeller… Und bei Wind wird das Ganze so stark abgetrieben, das die Motoren der Drohne nicht mehr dagegen ankommen… 😀 LG, Mathias
“..holte ich Maschinenpistole und Phaser heraus…”
Richtige Kanonenbootdiplomatie, gut für die Völkerverständigung denn die Argumente versteht jeder, hehe.
Naja, ich glaube, dort steht RAM Pistole oder so was. Das ist deutlich harmloser… Und Tazer… 🙂 LG. Mathias