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In der Sandown Bay der Isle of Wight lagen wir schon gut vor Anker, als Mathias feststellte, dass der Hahnepott* sich einseitig gelöst hatte. Um ihn wieder befestigen zu können, zog Mathias etwas von der Kette wieder hoch. Als er fertig war, stellten wir fest, dass während der Aktion der Anker geslippt war. Der neue Platz war aber von der Wassertiefe auch o.k., also blieben wir. Jetzt lagen wir recht dicht am Ufer. Bei Ebbe befanden wir uns schon fast in der Brandung, jedenfalls konnte man die Brandung sehr gut vom Schiff aus sehen. Nächstes Mal lieber wieder weiter draußen ankern….
*Hahnepott = Extraleinen, die von den beiden Außenrümpfen an die Ankerkette führen, dadurch liegt das Schiff ruhiger.
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Nach einem Ruhetag wurde die Segellatte erfolgreich befestigt und wir traten die Fahrt nördlich um die Isle of Wight an – durch den Solent.
Die Fahrt durch den Solent ist eine schöne Strecke, es gibt viel zu sehen. Hinzu kam noch, dass gerade Cowes-Regattawoche war. Es gab also auch viele Segelboote zu sehen und wir fuhren ab und an durch ein Regattafeld. Mathias hatte seinen Spaß, wie immer 20-25 Knoten Wind, gegenan, 2 Reffs im Groß + Fock, viele Wenden, Fähren und noch etliche Segler unterwegs. Alles getoppt durch die Ausfahrt an „The Needle“ vorbei. Das gefällt Mathias, jedenfalls durfte ich ihn nicht ablösen. 🙂
Nächster Stopp: Swanage Bay.
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In der Swanage Bay verbrachten wir wieder einen Tag vor Anker. Die Bucht schützte gut vor dem starken Wind und im Schiff war es gemütlich. Steckte man seinen Kopf nach draußen, merkte man den Nieselregen und den Wind. Ab und an zogen Regenschauer über uns hinweg.
Gegen Nachmittag wurde es dann richtig grau und es regnete ordentlich – das ist doch kein Sommerwetter! Selbst für England ist das nicht normal. Während unserer Zeit in Cambridge hatten wir so viele schöne Sommer. Nun denn, der Wetterbericht kündigt Besserung an….
Als nächstes stand nur eine kleine Strecke an (ca. 19 sm) bis nach Portland. Portland Harbour ist quasi eine ganze Bucht, die durch Wellenbrecher abgeschirmt wird. Die Marina liegt in der südlichen Ecke der Bucht. Gästestege sind gleich am Anfang. Wir hatten uns per Funk angemeldet, wussten also, wo wir hin sollten und wurden schon erwartet. Da es recht windig war (25 Knoten) kam die Hilfe am Steg sehr gelegen. Anlegemanöver war wieder gut, das Ablegen am nächsten Tag war schwieriger. Wir waren in einer breiten Gasse und wollten rückwärts raus. Der Wind drückte die Nase des Schiffs herum und es bleib nichts anderes, als auf der Stelle zu drehen. Zum Glück waren die Schiffe vom gegenüberliegenden Steg schon abgefahren. So hatten wir ausreichend Platz. Das Bugstrahlruder macht Krach und aus dem letzten noch am gegenüberliegenden Steg vertäuten Schiff guckte ein schlaftrunkenes Besatzungsmitglied aus der Luke. Er sah nicht sehr froh darüber aus, dass wir auf so engem Raum an seinem Schiff vorbeidrehten. Blieben immer ca. 1,5-2 m von ihm entfernt.
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Die Hafengegend von Portland ist heruntergekommen. Viele leerstehende Gebäude, eine unfertige Appartmentanlagenbauruine, der Jolly Sailor Pub steht zur Auktion an. Man möchte gar nicht wissen, wie der von innen aussieht. Geht man weiter in den eigentlichen Ort, werden die Häuser und Vorgärten hübscher. Der Ort ist sehr hügelig. Zu viele Höhenmeter für mich, ich bin Meeresspiegel- (bis +5m auf den Maststufen)- Niveau gewohnt, alles andere ist Gebirge! Bis zur Kirche und dem gut sortierten Coop-Laden drangen wir trotzdem vor. Bergab war wieder einfacher, da schob der volle Einkaufsroller. Die Läden hier hatten alle ungeordnete Kisten und Taschen in den Schaufenstern, die Bürgersteige waren extrem schmal, kein beeindruckendes Örtchen, aber es gab ein kleines Theater. Wir hatten in Portland Station gemacht, um den Wassertank aufzufüllen. Mathias hatte sich während der Fahrt damit beschäftigt, den Wasserentsalzer in Gange zu setzen, damit dieser vor unserem Stopp in La Rochelle getestet wird. Bisher läuft er aber noch nicht erfolgreich. Fehlersuche hat begonnen.
Abends kümmerten wir uns um die defekte Toilette im Gästerumpf, Einzelheiten erspare ich den Lesern. Jedenfalls hatten wir über mehrere Tage mit unangenehmen Arbeiten zu tun und das alles nur, weil bei Neel die Dichtungen an Zu- und Abwasserleitungen nicht ordentlich ausgeführt werden.
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Obwohl es stilistisch nicht schön ist, ständig Wiederholungen zu machen, kam der Wind von vorn, 25 kn, 2-3 m Welle, und wir kämpften gegenan. Hinzu kam die ungünstige Strömung. Mittlerweile ist es Springzeit der Gezeit, dementsprechend stark ist die Strömung. Von Portland Richtung Torquay blieb nicht viel anderes übrig, als gegen die Strömung zu fahren, sonst hätte man nachts losfahren müssen. Wir machten einen langen Schlag raus, der vom eigentlichen Kurs abwich, um bei Änderung der Stromrichtung mit einem besseren Winkel zum Wind wieder ans Ziel heranzukommen. Es dauerte bis 4:00 Uhr morgens bis wir die Tor Bay erreichten und vor Anker lagen. Hier suchten wir uns Brixham zum Ankern aus. Es lagen schon einige Boote dort. Nur eines hatte ein Ankerlicht an, die anderen sah man erst richtig, wenn man schon fast daneben angekommen war. Trotzdem klappte das Ankern im Dunkeln recht gut. Es folgte eine ruhige Restnacht und – wieder eine stilistische Wiederholung – ein Reparatur- und Putz- Waschtag vor Anker. 🙂
Die Bucht gefiel uns gut und wir blieben einen weiteren Tag. Meine Kollegin Martina hatte sich gemeldet. Sie ist gerade im Urlaub in Südengland. Sie und ihr Partner machten sich von Bristol auf den Weg, um uns in Brixham zu treffen. Die beiden fuhren nach dem Frühstück los und ich begann auch nach dem Frühstück, den Landgang vorzubereiten. Sachen zusammenkramen, wasserdichte Säcke raussuchen, Dinghy vorbereiten. Mathias bastelte. Gegen Mittag hatten wir das Dinghy im Wasser, da fiel Mathias noch ein, man könne vielleicht den Tank nachfüllen. Also nochmal in die Garage krabbeln, alle Fender aus dem Weg räumen und einen Benzinkanister hervorzaubern. Wir kamen gerade rechtzeitig vor der vereinbarten Zeit an Land an. Die beiden waren aber noch nicht da, Autoverkehr und Parkplatzsuche dauern immer noch länger als Dinghy klarmachen. 🙂
Brixham war überhaupt nicht das kleine verschlafene Hafenstädtchen, das man laut Karte und Blick vom Wasser aus vermutete. Die Straßen waren voller Urlauber. Im Hafenbereich gibt es jede Menge Cafes und Restaurants. Die Einkaufsstraße hat alle möglichen Geschäfte nicht nur die üblichen Charity Shops. Wir stockten Obst und Brotvorräte auf. Dank Mobiltelefonen fand Martina uns in dem Gewimmel. Wir hatten einen netten Nachmittag zusammen und fuhren noch alle zusammen zum Boot raus. Zu zweit kann man mit dem Dinghy ziemlich zischen.
Der nächste Tag brachte tatsächlich eine Wetteränderung!!! Wind ist immer noch gegenan, aber es sind nur noch 8-12 Knoten, also volle Segel gesetzt und die See ist ruhig. Genießen ist angesagt…….
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Noch ein paar Dinge am Rande: Als ich in einen Laden ging, dachte ich: „Ach, jetzt geht das Radebrechen wieder los.“ Doch dann fiel mir ein, dass wir ja in England sind und man sich deshalb ganz normal mit den Leuten im Laden unterhalten kann. Nicht nur das, es ist auch alles „lovely“ und „jolly good“. Es ist schön, mal wieder hier zu sein. 🙂
Update unserer Schiffspapiere: Die Originale wurden trotz mehrfacher Meldung der neuen Adresse noch an die alte Adresse in Alvesen abgeschickt. Dort kamen sie aber nie an. Inzwischen hat die Anwältin neue angefordert und sie persönlich bei uns in Hamburg in den Briefkasten gesteckt. (Ehrlich, ich denke mir das nicht aus!) Fehlen nur noch die Dokumente der Bundesnetzagentur, da haben wir bisher nur vorläufige…..
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Hallo ihr ex Nachbarn,
spannender Bericht, mit theoretischen Segelunterricht. Gut, dass ihr noch in sicherem Gewässer seid, bei den kleinen Pannen die ihr ja super meistert!
Südengland, Torquay, schöne Gegend. War ich ganz oft!!
Freue mich auf den nächsten Bericht.
Lieben Gruß
Micheline